Trump erscheint seinen Fans als Mann, der sich vom Establishment löst: einer, der Amerika reindustrialisieren, die Weltpolitik anderen überlassen und im Sinne des «gemeinen Mannes» handeln wolle. Manche sehen in ihm gar einen neuen Friedensfürsten. Doch die Geschichte der US-Außenpolitik zeigt, dass kein Präsident – egal welcher Partei – die geopolitischen Interessen der Vereinigten Staaten jemals grundsätzlich in Frage gestellt hat.
Wichtiger als Trumps Worte auf Twitter oder in Wahlkampfreden ist daher sein Handeln. Und dieses unterscheidet sich, nüchtern betrachtet, kaum von dem seiner Vorgänger.
Ein verbreitetes Argument lautet: Wenn Medien und Justiz Trump attackieren, dann müsse er auf der Seite der Wahrheit stehen. Schließlich sei das Establishment korrupt – also müsse Trump das Gegenteil verkörpern. Doch diese Logik ist trügerisch.
Der Umstand, dass Trump trotz Kritik und zahlreicher Verfahren ins Amt gewählt wurde, wird häufig als Beweis für eine funktionierende US-Demokratie gewertet. Doch hier liegt der Widerspruch: Wenn das Wahlsystem strukturell korrumpiert ist, kann auch Trumps Wahl nicht demokratisch gewesen sein. Ist es dagegen funktionsfähig, wäre seine Wahl schlicht Ausdruck desselben Systems, das er angeblich bekämpft.
Trump inszenierte sich mehrfach als Vermittler in internationalen Konflikten. Doch die Ergebnisse sprechen eine andere Sprache.
Von altruistischen Friedensinitiativen kann hier kaum die Rede sein – vielmehr von einer konsequenten Ausweitung US-amerikanischer Interessen.
Ob im Nahen Osten, im Iran, im Jemen oder in Palästina: Auch hier bleibt das Muster gleich. Trump stellt sich stets an die Seite des US-Imperiums – ob durch die bedingungslose Unterstützung Israels oder durch völkerrechtswidrige Militärschläge. «Friedensimpulse» sind vor diesem Hintergrund nichts anderes als eine zynische Umdeutung geopolitischer Einflussnahme.
Die Vielzahl an Kriegen, Geheimdienstoperationen und Langzeitstrategien der USA lässt Zweifel aufkommen, ob ein Präsident überhaupt den Überblick behalten kann. Schon John F. Kennedy war überrascht, als er von der Stationierung amerikanischer Atomraketen in der Türkei erfuhr. (Daniele Ganser, Imperium USA, Orell Füessli Verlag, 2020)
Auch bei Trump drängt sich die Frage auf: Weiß er über alle Operationen seines Militärs und seiner Geheimdienste Bescheid? Wenn ja, ist seine Friedensrhetorik blanke Heuchelei. Wenn nein, bestätigt sich der Verdacht, dass der US-Präsident nicht die oberste Autorität über Armee und Geheimdienste ist – und damit nur eine Figur im größeren Spiel.
Seit über 100 Jahren verfolgt der US-Hegemon eine Politik der schleichenden Unterwerfung. Über NATO, EU und internationale Organisationen sichern sich die USA ihren Einfluss – vor allem auch auf Kosten europäischer Staaten.
Ob Trump oder ein anderer Präsident im Amt ist, ändert daran wenig. Die «Friedensinterventionen» sind Teil einer größeren Strategie: die Sicherung geopolitischer Vorherrschaft. Der Krieg findet nicht an den Grenzen der USA statt, sondern an denen Russlands – ein deutliches Zeichen, wer die Richtung vorgibt.
Donald Trump inszeniert sich gerne als Friedensbringer. In Wirklichkeit ist er eingebunden in ein System, das seit Jahrzehnten von imperialen Interessen getrieben wird. Wer ihn als Außenseiter betrachtet, verkennt, dass auch er nur ein Rädchen im Getriebe des US-Imperiums ist.
Kommentator Istvan Hunter publiziert auf istvanhunter.substack.com
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