
Nachdem sie bereits im August 2025 wegen desselben Vorwurfs angeklagt und das Verfahren nach weltweiter Kritik eingestellt worden war, wurde Rose Docherty Ende September nun abermals in Polizeigewahrsam genommen, wie die Menschenrechtsorganisation ADF International berichtet. Unter diesem Link ist auch eine Video der Festnahme zu sehen.
Dochertys «Verbrechen» bestand darin, in der Nähe des Queen Elizabeth University Hospital ein Schild zu halten mit den Worten «Coercion is a crime, here to talk, only if you want» (Nötigung ist strafbar, ich bin da, wenn du reden möchtest).

Obwohl Docherty niemanden angesprochen oder bedrängt hat, wird ihr vorgeworfen, gegen die schottischen «Buffer Zones» («Bannmeilen») verstoßen zu haben. In Schottland gelten sogenannte «Buffer Zones» im Umkreis von 200 Metern um jedes Krankenhaus. Innerhalb dieser Bereiche ist es verboten, Personen, die Abtreibungsdienste in Anspruch nehmen wollen, «zu belästigen, einzuschüchtern oder in irgendeiner Form zu beeinflussen».
Docherty wurde mehrere Stunden festgehalten. Und nicht nur das: Laut ADF International verweigerte man ihr sogar einen Stuhl in der Zelle, obwohl sie darauf hinwies, dass sie beidseits künstliche Hüftgelenke hat.
Dieser Fall reiht sich ein in eine wachsende Zahl ähnlicher Verfahren. Isabel Vaughan-Spruce wurde in Birmingham mehrfach wegen stillen Gebets in einer Verbotszone kontrolliert und verhaftet. In Bournemouth nahmen staatliche Behörden Adam Smith-Connor und Livia Tossici-Bolt ins Visier, nachdem sie dort in der Nähe einer Klinik leise gebetet und Gespräche angeboten hatten.
Sogenannte Zensurzonen breiten sich in ganz Europa aus. Auch in Deutschland gibt es vergleichbare Bereiche rund um Abtreibungseinrichtungen. Ein am 13. November 2024 in Kraft getretenes Gesetz untersagt im Umkreis von 100 Metern um entsprechende Einrichtungen gewisse Handlungen, die geeignet sind, die Schwangerschaftsberatung oder den Zugang zu Abtreibungseinrichtungen zu beeinträchtigen. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat 2023 jedoch entschieden, dass friedliche Gebetsversammlungen in der Nähe solcher Einrichtungen nicht pauschal verboten werden dürfen. Aber auch hier ist die Formulierung laut ADF International bewusst vage.
Rose Docherty wurde auf Kaution freigelassen – unter der Bedingung, dass sie künftig noch einen weit größeren Abstand zur Klinik einhält, als die ursprüngliche «Bannmeile» eigentlich verlangt. Sie sagte über ihre Verhaftung: «Ich sollte nicht dafür wie eine Kriminelle behandelt werden, dass ich Leute eingeladen habe, sich mit mir zu unterhalten und dafür, dass ich ihnen mein Ohr geöffnet habe. Unterhaltungen sind nicht verboten auf den Straßen von Glasgow. Und trotzdem ist es schon das zweite Mal, dass ich genau dafür verhaftet wurde.»
Ein Sprecher des US-Außenministeriums brachte es auf den Punkt: «Wenn 75-jährige Großmütter dafür verhaftet werden, dass sie friedlich dastehen und Gespräche anbieten, ist das ein Angriff auf den gesunden Menschenverstand und die grundlegende Höflichkeit.»
Der Fall Rose Docherty macht somit sichbar, wohin Gesetze führen können: zu einer schleichenden Normalisierung der Unterdrückung friedlicher Stimmen. Es ist ein Prüfstein für die Zukunft der Meinungsfreiheit in Europa.
(Dieser Artikel erschien erstmals auf der Website von Zukunft CH – HOCH2 dankt für die Erlaubnis der Veröffentlichung auf unserer Website. HIER geht es zu Erstveröffentlichung)
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