Der Wahrheit verpflichtet
07. Mai 2024 - Paul Siegenthal

Das Verwaltungs-Karussell

Paul Siegenthal
Es sind in erster Linie nicht die unqualifizierte Einwanderung, die hohen Lohnkosten oder Putin, die den Westen vollends in die Knie zwingen. Die Gründe liegen anderswo – Ein Kommentar von Paul Siegenthal, lic. oec. HSG

Die realen Löhne steigen seit den 1970er-Jahren in der westlichen Welt kaum noch. Der Sekundärsektor, also die Industrie, hat sich halbiert. Im Gegenzug dazu sind Verwaltungen personell geradezu explodiert. Das funktioniert so: Zuerst berichten die Medien über einen Missstand und fordern den Staat zum Handeln auf. Dieser inszeniert sich als Retter und macht Gesetze. Gesetze brauchen Personal. Diese Kosten werden im besten Fall durch Steuererhöhungen, Abgaben und Gebühren wieder eingesackt.

Juristen-Flut

Wenn es nicht anders geht, lässt der Staat auch gerne mal «drucken», sprich er wirft die Notenpresse an. Da die Güterproduktion heute fast ausschließlich in China geschieht, verteuern sich die Konsumprodukte im Inland nicht wesentlich. Das Gedruckte landet bei den Banken (Cantillion-Effekt), die jedem einen Kredit andrehen, der halbwegs kreditwürdig erscheint. Das wiederum ist ein ziemliches Risiko. Das weiß auch der Staat. Also schafft er eine weitere Behörde, die das Risiko tief halten soll. Und schon haben 400 Juristen einen Job. Natürlich bewirkt die Behörde nichts. Doch der Staat weiß auch hier die Lösung: noch mehr Juristen!

Die landläufige Meinung ist: Die Wirtschaft mag diese Kontrollen nicht. Sie zwingen Firmen, Personal einzustellen, um die Auflagen der Behörden zu erfüllen. Doch nicht alle sind unglücklich. Für große Unternehmen sind die Vorschriften zwar lästig, für kleine Unternehmen sind sie jedoch katastrophal – eine todsichere Art, die Konkurrenz aus dem Markt zu drängen: mit dem Staat als Komplizen!

Die neuen Fürsten

Und so verschwinden die KMUs. Großkonzerne prägen den Alltag der Leute, Milliardäre sind die neuen Fürsten. Sie kontrollieren nicht nur ihr eigenes Unternehmen, sondern den Staat und die Medien gleich mit. Kaum ein Gesetz wird verabschiedet, dass nicht speziell für sie eine Ausnahme vorsieht, der Konkurrenz schadet oder diese vom Heimmarkt fernhält. Die Medien hängen am Tropf der Konzerne, mit Abos verdienen sie schon lange kein Geld mehr. Kommt dann doch einmal ein Gesetz durch, dass den Fürsten nicht gefällt, wird es einfach nicht umgesetzt. Selbst die direkte Demokratie wird so zur Farce.

Doch das System hat einen Haken. Die Verwaltungskosten müssen auf die Preise umgelegt werden. Im Inland ist das kein Problem. Man bietet dem Konsument eine Pseudo-Auswahl, wie bei Krankenkassen und bei den Handy-Netzen, oder gar keine, wie beim öffentlichen Transport und bald auch im Energiebereich. Beim Export funktioniert das nicht. Da hilft dann die Nationalbank und senkt den Wechselkurs. Zahlen muss das wiederum der Konsument, denn fast alle Konsumprodukte werden importiert. Eine perfekte «lose-lose-Situation».

Gulag 2.0

Die Leute in Europa werden zunehmend unruhiger. Sie alimentieren dieses Verwaltungskarusell mit den höchsten Steuern aller Zeiten. Das gesamte verfügbare Einkommen geht an den Vermieter, Krankenkasse, Großkonzerne und den Staat. Ökonomisch leben wir schon heute in einem Gulag 2.0, dort wo man nichts besitzt und glücklich ist. Immer mehr Menschen scheinen Glück doch irgendwie anders zu definieren. Neue Parteien entstehen. Neue Medien entstehen und beide werden auf das heftigste bekämpft. Mit welchen Adjektiven man sie beschimpft ist einerlei. Doch damit läuft der Staat selbst in die Falle: um die Opposition zu unterdrücken, muss er einen sündhaft teuren Überwachungsapparat aufbauen, um «die Demokratie zu schützen». Er kann das nicht mehr stemmen.

Kein Grund zur Beunruhigung also. Alles läuft bestens! Nid-no-lo-gwünnt!

© Foto: Paul Siegenthal

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