Vor bald 40 Jahren arbeitete ich als Student Teilzeit für einen größeren Arbeitgeber im Rheintal. Als das Arbeitsverhältnis endete, sah ich den Lohn der letzten 2 Wochen nicht. Auf meine Briefe bekam ich keine Antwort, also landeten wir vor Gericht. Zu Beginn der Verhandlung begrüßte der Richter den Finanzchef des Unternehmens mit «Herr Direktor» und machte einen Kotau. Was bei der Verhandlung herausschaute, kann sich wohl jeder denken. Mit dem Vergleich konnten ich gerade mal das Zugbillet und das Porto bezahlen.
Keine Korruption, doch Opportunismus
In den letzen 40 Jahren habe ich an vielen Gerichtsverhandlungen im In- und Ausland teilgenommen, zum Glück von Berufes wegen, aber der Eindruck ist geblieben. Die Schweizer Justiz ist so verfilzt wie jede andere in Europa auch. Zwar kann man Urteile nicht kaufen, doch die Gerichtspräsidenten wissen oft sehr genau, für oder gegen wen und wie zu urteilen ist. Sie recherchieren, wer die Parteien sind. Ist eine Partei ein bedeutender Politiker, eine lokale Größe (oder dessen Verwandter) oder ist der Sachverhalt politisch opportun, muss die andere Partei mindestens mit einer teuren Anwaltskanzlei aufmarschieren, um überhaupt ernst genommen zu werden. Den Weiterzug an das Obergericht möchten die Richter dann doch vermeiden.
Vorsicht bei Vergleichen
Die Gerichtspräsidenten bearbeiten die Fälle jedoch nicht selbst . Dafür haben sie Auditoren (sprich Gerichtslehrlinge). Denen wird gesagt, welches Urteil erwünscht ist. Um das zu verstehen empfehle ich dieses Interview von Valentin Landmann mit Ingo Heidbrink.
Wenn es dann zur Verhandlung kommt, ist das Urteil längst gefällt. Der Richter wird noch ein paar Fangfragen zu Nebensächlichem stellen, um den Unglücklichen endgültig zu decouragieren. Weiß der Richter, dass sein Urteil auf wackligen Füssen steht, fordert er die Parteien zu einem Vergleich auf, mit dem Hinweis, dass der Gelackmeierte sonst auch noch auf den Kosten der Gegenpartei sitzen bleibt.
Rechtssicherheit in der Schweiz?
Besonders süffisant sind immer wieder die Hinweise in der NZZ, die die Schweiz als einen Hort der Rechtssicherheit bezeichnen. Rechtssicherheit gibt es hier schon, aber nur für die einen. Für die anderen gibt es zuerst einmal entweder keinen Anwalt oder einen Polizeiposten, um eine Anzeige zu deponieren. Der Polizist tut dann alles, um den Geschädigten zu decouragieren – es sei denn, das Delikt sei politisch opportun, damit die Politik daraus einen Nutzen ziehen kann. Vor allem die Corona-Maßnahmenkritiker haben hier einseitige Erfahrungen machen müssen. Schafft der Polizist es nicht, den Geschädigten von einer Anzeige abzubringen, formuliert er das Protokoll so, dass der Fall von der Staatsanwalt nicht an die Hand genommen wird.
Urteile kaum vorhersehbar
Was nun aus dem Zürcher Bezirksgericht ans Tageslicht kam, überrascht nicht. Das war nicht das Versehen einer in meinen Augen voreingenommenen Juristin, sondern courant normal. Auf Stufe Staatsanwaltschaft und Bezirksgericht sind Urteile kaum vorhersehbar. Erst beim Kantonsgericht ist eine relativ seriöse Beschäftigung mit dem Fall gegeben – weshalb dort Entscheide der Vorinstanz nicht selten kassiert werden. Hierzu sei der Fall Vincenz erwähnt, wo das Obergericht das Urteil gegen den Ex-Banker aufhob. Aber so viel Nerven und Geld muss man zuerst einmal haben. Doch Willkür allein erklärt nicht alles. Das Problem sitzt tiefer.
Richter, ein gut bezahlter Job
Nicht selten handelt es sich bei Richtern auf der unteren Stufe um gelangweilte Hausfrauen, die nach dem Studium und der Familienzeit etwas jobben gehen. Bei Männern sind es oft gescheiterte Anwälte. Um Richter zu werden, reicht ein Listenplatz auf dem Wahlzettel einer Partei. Mit einem Jus-Studium ist man dabei. Auffallend ist, dass kaum ein Richter einen Doktortitel hat. Fachliche Qualifikation, Lebenserfahrung und einen – nachprüfbaren (!) – Leistungsausweis ist nicht wirklich gefragt. Zur Willkür gesellt sich auch noch die Inkompetenz, das Desinteresse und die Schludrigkeit.
Zudecken statt Problem lösen
Doch dieser Skandal ist erst der Anfang eines Justizskandals. Eigentlich hätte das Obergericht Führungsstärke zeigen und die Richterin per sofort suspendieren müssen. Aber nein, nichts derartiges geschieht. Im Gegenteil, man versucht die Beweise mit meiner Ansicht nach daherfabulierten Argumenten zu verbieten. Wie eins Nietzsche sagte: «Nur die Wahrheit wird verboten, niemals die Lüge.»
Der Schweizer Staat muss sich nun langsam fragen, wie lange er die Fahrt in den Abgrund noch fortsetzen will. Nachdem das Parlament (Legislative) sich mit der Nichtumsetzung von Volksentscheiden bereits delegitimiert hat, folgte der Bundesrat (Exekutive) mit den Coronamaßnahmen. Und nun auch noch die Justiz!
Disclaimer/Unschuldsvermutung: Trotz allem gibt es auch Richter, die ihre Arbeit gut und seriös erledigen. Diese sind mit obigem Kommentar natürlich nicht gemeint.
Dieser Kommentar zum Zürcher Justizskandal wurde von A. B. aus Z. anonym verfasst. Name der Redaktion bekannt. Es handelt sich bei diesem Text um die persönliche Ansicht/Meinung des Kommentar-Schreibers und widerspiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers, sondern dient grundsätzlich der möglichst pluralistischen Darstellung verschiedener Betrachtungsweisen im Sinne der Meinungsvielfalt innerhalb unserer Gesellschaft.