Das Interview wurde als Spende für HOCH2 von D. G. verschriftlicht und ganz leicht gestrafft. Das Gespräch in Videoform können Sie hier anschauen.
Philipp Gut:
Heute freut mich bei uns in der Sendung, live aus Berlin zugeschaltet, Alice Weidel begrüßen zu dürfen. Sie ist Chefin der Alternative für Deutschland, AfD. Guten Tag Frau Weidel, schön, dass Sie bei uns sind.
Alice Weidel:
Hallo Herr Gut, schön hier zu sein.
Philipp Gut:
Wir steigen gleich mit der Aktualität der Europawahl ein. Die AfD hat stark zugelegt. Wie interpretieren Sie dieses Ereignis? Worauf ist dieser Erfolg Ihrer Partei zurückzuführen?
Alice Weidel:
Es sind verschiedene Faktoren. Also die Unzufriedenheit mit der Ampel hat natürlich dazu beigetragen. Die derzeitige Bundesregierung wurde abgestraft, der Kanzler wurde abgestraft und das, weil diese Regierung Politik gegen die Bevölkerung macht. Hier wird die Bundesrepublik Deutschland abgewickelt. Wir haben eine Vertrauenskrise, die sich daraus ergibt, dass die Menschen mehrheitlich unzufrieden mit dieser Bundesregierung sind. 80 Prozent trauen dieser Bundesregierung gar nicht zu, die Probleme zu lösen. Dann haben wir eine Migrationskrise. Das wissen wir, die Politik der offenen Grenzen haben wir der CDU zu verdanken. Angela Merkel hat die Grenzen geöffnet und sie wurden seither mit Turbo-Einbürgerung über die Ampel offen gehalten. In Deutschland springen tausende von Straftäter rum. Die haben hier eigentlich nichts zu suchen, die werden nicht abgeschoben. Schlimmstes Ergebnis war eben der Polizistenmord in Mannheim. Und täglich wird auf deutschen Straßen «herumgemessert». Jetzt gerade ein Afghane, der auf eine Frau auf der Parkbank losgegangen ist, dann irgendwie in Zügen wird auch «herumgemessert». Also permanent diese Halsstiche. Es ist ein komplett neues Gewaltphänomen mit Gruppenvergewaltigungen. In Deutschland werden pro Tag zwei Frauen gruppenvergewaltigt, letztes Jahr gab es allein in Berlin 111 Gruppenvergewaltigungen. Ein komplett neues Phänomen, im Übrigen ein Phänomen des Dschihad. Das sind größtenteils oder fast ausschließlich muslimische Straftäter, die eben auch christliche Frauen entehren wollen. Um nichts anderes geht es. Das ist eine Waffe des Islamismus, mit dem wir es hier zu tun haben. Dann gibt es eine Sozialkrise. Die Menschen haben Angst um ihre Zukunft. Außerdem haben wir eine Wirtschaftskrise. Letztes Jahr gaben in der Bundesrepublik Deutschland 176‘000 Geschäftsführer auf. Eine gigantische Zahl. Deutschland wird komplett abgewickelt und die ganze Liste ließe sich fortsetzen, aber ich belasse es dabei. Die Leute merken, dass sie über den Tisch gezogen werden und das ist der Grund, warum wir so einen Aufwind haben. Im Osten sind wir mit Abstand die stärkste Kraft. Und ich kann Ihnen sagen, dieser Trend wird sich fortsetzen.
Philipp Gut:
Blicken wir doch voraus. In diesem Jahr sind Wahlen zu den Landtagen in drei deutschen Bundesländern im Osten. Was peilen Sie da für eine Stärke an? Wo stehen Sie jetzt und wohin möchten Sie kommen? Was glauben Sie, ist da realistisch für Ihre Partei?
Alice Weidel:
Wir sind momentan bei plus minus 30 Prozent. Interessant ist der Abstand zu den zweit Platzierten. Das ist die CDU, die ist bei ungefähr 20 Prozent. Also sie haben immer so ein Delta zwischen sieben und zehn Prozent in den ostdeutschen Bundesländern. Der Abstand ist enorm groß. Und das wird auch Sarah Wagenknecht, also die neu gegründete Partei von Sarah Wagenknecht, die sich hier als Steigbügelhalter der CDU geriert. Sie möchte ja gerne mit der CDU koalieren. Und dementsprechend auch das regierungskritische Lager spalten, das zeichnet sich dann eben dort ab. Und ich glaube aber, dass der Wähler jetzt gemerkt hat, dass damit kein Staat zu machen ist. Und der Trend wird sich fortsetzen. Die AfD wird stärker werden. Und vor allen Dingen in Sachsen haben wir die Möglichkeit, die absolute Mehrheit im Landtag zu erringen, die sich dadurch ergibt, dass viele Parteien überhaupt gar nicht mehr die Fünf-Prozent-Hürde schaffen und dann könnten wir tatsächlich wahrscheinlich allein regieren.
Philipp Gut:
Wenn sie nicht allein regieren können, sind sie auf eine Koalition angewiesen. Bis jetzt galt dieses merkwürdige Wort «der Brandmauer gegen rechts», der Brandmauer gegen die AfD. Als wenn Sie eine Aussätzige wären, mit der man nicht irgendwie koalieren könne. Gibt es schon Signale, weil Sie offenbar erstarken, dass diese Brandmauer bröckelt? Hören Sie da vielleicht schon was hinter den Kulissen?
Alice Weidel:
Ich glaube, dass Friedrich Merz als Parteivorsitzender der CDU unglaublich viel Druck aus den Ländern in Ostdeutschland bekommt. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Brandmauer in Ostdeutschland nicht durchsetzen lassen wird. Die CDU würde sich absolut unglaubwürdig machen. Das ist in die Zukunft geblickt. Wir können einfach auch mal schauen, wie es heute ist. In den Kreistagen arbeiten AfD und CDU bereits zusammen. Und wir hatten gerade Kommunalwahlen und wir haben in Ostdeutschland alle Kreistage gewonnen. Alle. Es wird ja immer so berichtet, immer negativ: Ach ja, wir konnten keinen Landrat stellen, aber dabei wird vergessen, dass wir den Stellvertretenden stellen und wir haben überall in den Kreistagen die Mehrheit. Das heißt, ohne uns kann man überhaupt gar keine Politik mehr machen. Das ist gar nicht mehr möglich. Und die CDU sollte wirklich diese undemokratische Brandmauer endlich abschaffen, weil wir nämlich bereits deutliche Mitte-Rechts-Mehrheiten in Deutschland haben.
Das haben wir bei den Landtagswahlen, vor allem in Hessen und Bayern gesehen. In Hessen, das ist ein SPD regiertes Bundesland gewesen, immer, eine ganz lange Tradition, hatten wir eine Zweidrittelmehrheit von Schwarz-Blau. Und Die Brandmauer hat dafür gesorgt, dass die CDU eigentlich nur mit Grün und Linken koalieren kann und linke Politik vollzieht. Und da macht sich die CDU natürlich unglaubwürdig. Dann kann sie auch nicht mehr langfristig mit der Übernahme von AfD-Positionen blenden, um dann nachher mit den ganzen Regenbogenparteien, Linke, «woke» Politik zu vollziehen. Das lässt sich einfach nicht durchhalten. Nur mit der AfD zusammen in einer Regierung lässt sich eine Politikwende, eine glaubwürdige Politikwende in Deutschland vollziehen.
Philipp Gut:
Nun reden wir hier über normale demokratische Prozesse, aber wenn ich das als neutraler Schweizer beobachte, muss ich feststellen, dass das in Deutschland nicht mehr so selbstverständlich ist. Ich erinnere an die Umtriebe im Zusammenhang mit dieser Fake-News-Recherche von Correktiv, des sogenannten Recherchenetzwerkes, das nachträglich diese Recherche korrigieren musste. Da hat die Regierung, die Ampel öffentlich zu Demonstrationen, zum Kampf, wörtlich zum Kampf gegen Sie, gegen die Opposition aufgerufen. Dies erinnert ein bisschen an DDR-Zeiten. Meine Frage jetzt, abgesehen von normalen demokratischen Abläufen, fürchten Sie da nicht weitere Störmanöver, dass man versucht, sie auf nicht legitime Weise auszubremsen?
Alice Weidel:
Das wird ja die ganze Zeit versucht. Sie haben völlig recht, Herr Gut. Also man wird alles probieren, um die AfD aus dem Weg zu räumen. Man facht ja durch diese furchtbare Hass- und Hetze-Debatte und dieses ganze Zeug die Stimmung gegen die AfD an. Das kulminierte ja, als in der letzten Woche ein Gemeinderat von uns mit einem Messer angegriffen wurde. Dann die Antifa, für mich eine linksextreme Terrororganisation, die eigentlich der verlängerte, gewalttätige Arm hier von einigen Leuten ist, die in Karlsruhe zu zehnt mit Baseballschlägern auf zwei Gemeinderäte der AfD losgegangen sind. Die Gewalt gegen AfD-Funktionäre ist exorbitant und das seit Jahren schon. Und das wird zunehmen. Man wird alles probieren, durch eine Aufladung der Stimmung gegen uns durchzuladen. Nicht nur der Bundesverfassungsschutz über Haldenwang, sondern auch die Landesverfassungsschutzämter werden missbraucht, um die AfD als konservativ-freiheitliche Kraft zu diskreditieren und die Stimmung soweit aufzuladen, dass sich, und ich muss es einfach so klar und deutlich sagen, jeder sich wie so ein kleiner Stauffenberg fühlt, der uns dann den Koffer unter den Tisch stellt, und alle klatschen Beifall, auch die CDU.
Wissen Sie, was diese Woche in einer Wahlsendung passiert ist? Eigentlich sagt das mehr über den Zustand der demokratischen Kultur in Deutschland aus, als es über die AfD aussagt. Da geht der Vorsitzende der SPD, dieser Verliererpartei hin und bezeichnet mich und die Partei als Nazis, ganz pauschal. Das sagt eigentlich mehr über ihn aus. Aber es zeigt, dass es hier in Deutschland erstmal an demokratischer Reife fehlt. Das ist völlig verloren gegangen, Fairness im Umgang mit einer Konkurrenzpartei. Aber das Frappierende ist gewesen, dass keiner der anwesenden, starken Männer beigesprungen ist und gesagt hat, das geht doch nicht, dass man mich als Nazi bezeichnet. Völlig absurd. Friedrich Merz hat nicht interveniert, Christian Lindner hat nicht interveniert, der Omid Nouripour von den Grünen hat nicht interveniert. Die Einzige, die da einigermaßen eingeschritten ist, dass man differenzieren müsse, was auch immer sie damit meint, ist die Sahra Wagenknecht gewesen. Aber das sagt doch eigentlich alles über die angeblich demokratische Auseinandersetzung in Deutschland aus. Deutschland hat hier tatsächlich ein sich entwickelndes, erhebliches Demokratieproblem in der Auseinandersetzung, wenn Gewalt und Repressalien gegen den politischen Wettbewerber der AfD ausgeübt wird.
Philipp Gut:
Sie sind einem Sperrfeuer ausgesetzt, von Politikern, aber auch von Medien. Da stecken alle mehr oder weniger unter einer Decke gegen Sie. Jetzt ist die Frage, wie kann man trotzdem Erfolg haben? Die Leute sind ja offenbar nicht so manipulierbar durch die Massenmedien, dass sie einfach nur das glauben, was sie sagen, sonst hätten sie gar keinen Erfolg. Was ist Ihr Rezept, um gegen diese Phalanx überhaupt anzukommen?
Alice Weidel:
Genau so weitermachen wie bisher. Wir machen Politik in den Parlamenten, wir sind in allen Landtagen verankert, wir sind im Bundestag verankert, wir machen sehr viel über die sozialen Medien, in den öffentlich-rechtlichen kommen wir fast gar nicht vor. Sie können an der Hand abzählen, wie oft ich in Talkshows gewesen bin. In der letzten Legislaturperiode für vier Jahre, als wir Oppositionsführer waren, war ich dort kaum zu sehen, auch jetzt nicht. Also jetzt werde ich mal so zwangsläufig eingeladen und dann lässt man mich nie ausreden. Ich darf mal gerade so einen halben Satz reden und dann ist auch schon Schluss. Und das Ganze ist darum so extrem lustig, weil sich dadurch die öffentlich-rechtlichen Medien auch entlarven, wo sie eigentlich stehen. Das Ganze wird natürlich zu einem Bumerang und man muss sich die Frage stellen, wofür die vielen Millionen von Menschen in Deutschland, die auch die AfD wollen, überhaupt die GEZ-Gebühren zahlen. Also wir haben hier allgemeine Gebühren, GEZ-Gebühren, Rundfunkgebühren, die wir bezahlen müssen, auch wenn ein Spektrum, ein Meinungsspektrum überhaupt gar nicht abgebildet ist. Ich kann Ihnen einfach nur sagen: Wir werden, wenn wir in der Regierung sitzen, als allererstes die GEZ-Gebühren abschaffen und dann werden die ganzen Aktivisten in den öffentlich-rechtlichen Medien auf der Straße sitzen und sie können sich einfach mal einen ordentlichen Job suchen. Vielleicht können sie das dann noch mit den abgebrochenen Karrieren, vielleicht kommen sie auch nicht unter, weiß ich nicht. Aber dann wäre mit diesem Aktivismus, der ja kein Journalismus mehr ist, in den öffentlich-rechtlichen Medien ein für alle Mal Schluss.
Philipp Gut:
Das ist mal eine Kampfansage. Darf man davon ausgehen, aufgrund Ihrer Ausführungen bis jetzt, dass Sie dann auch die Kanzlerkandidatin sind und dass Sie alles tun werden, damit Sie mal ins Kanzleramt kommen?
Alice Weidel:
Also über eine Kanzlerkandidatur entscheidet bei uns erstmal der Bundesparteitag. Die Frage werden wir uns nächstes Jahr stellen. Und das geht natürlich nur so im Einklang, in internen Absprachen. Es wird bei uns keine Kampfkandidaturen geben. Ich kann mir viele andere für diese Position auch noch vorstellen. Aber das werden wir im Laufe des Jahres natürlich selbst aushandeln und auch im Hinblick auf die Regierungsperspektiven.
Philipp Gut:
Welches Szenario in der Regierungsbildung würden Sie denn heute sehen oder skizzieren wollen?
Alice Weidel:
Wie meinen Sie das? Welches Szenario?
Philipp Gut:
Mit wem? Ich meine, sie werden ja kaum eine absolute Mehrheit gewinnen. Wer wäre noch ein möglicher Koalitionspartner? Es müssten andere Farben sein als heute bei der Ampel.
Alice Weidel:
Ja gut, also rein programmatisch, obwohl die CDU ja völlig entkernt ist, wäre es natürlich die Partei, die in dem parteilichen Spektrum neben uns steht.
Das wäre der natürliche Partner auch aufgrund der Mehrheiten auch sehr wahrscheinlich, aber wir werden jetzt mal sehen, wie lange diese Brandmauer halten soll und dann schauen wir einfach weiter. Und aus diesem Grunde blicke ich natürlich mit ganz großem Interesse auf die Wahlen in Ostdeutschland. Das ist klar. Und da wird sich sehr viel entscheiden.
Philipp Gut:
Vielen Dank, Frau Weidel. Wunderbar, dass Sie Zeit hatten, zu uns in die Sendung zu kommen. Ich danke Ihnen. Weithin viel Erfolg. Machen Sie es gut. Tschüss nach Berlin.
Alice Weidel:
Tschüss in die Schweiz.
Das gesamte, ungekürzte Interview können Sie HIER im Originalvideo sehen.