Was Staatsverweigerer sind, wissen selbst die staatlichen Akteure nicht genau. Die Absicht ist klar: man will unangenehme Bürger stigmatisieren und ausgrenzen, die den Beamten Arbeit verursachen und staatliche Propaganda, Fakenews und Floskeleien hinterfragen.
Eine Konkretisierung liefert die grüne Ministerin Lisa Paus, die Menschen ins Visier nimmt, die «Taten unterhalb der Strafbarkeitsgrenze» begehen. Dass Deutschland hier eine Vorreiterrolle spielt, ist nicht verwunderlich. Die Nazis führten Volksgerichtshöfe ein, an denen Bürger wegen asozialen Verhaltens als Volksschädlinge in die Konzentrationslager geschickt wurden. In der DDR war es nicht besser. Wurde man der Zersetzung verdächtigt, also einer feindlich gesinnten Einstellung gegenüber den Behörden, bekam man es mit dem Staat zu tun. Als Zersetzung galt eine Tat, wer an seinen Lebensumständen Kritik übte, die Unfehlbarkeit der Staatsorgane anzweifelte oder ein abweichendes Gedankengut hatte. Man war in der Bredouille.
Was der Staat gegen «Staatverweigerer» unterhalb der Strafbarkeitsgrenze unternehmen kann, liefert die Richtlinie Nr. 1/76 des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die Eliminierung der sog. Staatsverweigerer hatte folgendermassen zu erfolgen:
Einen Blick in jede Mainstreampostille genügt. Jeden Tag erscheint mindestens ein Artikel, in der eine «Unperson» unter dem Güllenwagen durchgezogen wird. Hat man keinen einheimischen Paria, muss Trump herhalten.
Es braucht nicht viel, um beim Staat auf dem Radar zu landen. Ein Bekannter verlangte eine Datenauskunft von der Polizei. Als er drei Monate nichts hörte, schrieb er nochmals einen Brief, diesmal eingeschrieben. Sofort wurde ihm mit Maßnahmen gedroht: er drangsaliere die Behörde. Der Beamte fühlte sich in seiner Langsamkeit gestört.
Ein Jenischer wollte sich in der Stadt Zürich anmelden, um seine AHV zu regeln. Die Beratungsstelle hatten ihm dazu geraten. Also meldete er sich beim Einwohneramt. Die Adresse passte der Beamtin nicht, weil es sich um ein Bürogebäude und nicht um ein Wohnhaus handelte. Er insistierte – die Beamtin rief die Polizei.
Die Kampagne wurde von der staatlichen Meinungsfabrik, bekannt als Schweizer Staatsfernsehen, losgetreten. Fast immer stehen hinter solchen Aktionen Bundesämter, die einen Gesetzesprozess in Gang setzen wollen. Die Aktion scheint auch mit dem Ausland abgesprochen zu sein, wie eine Recherche auf Google zeigt. Der schweizerische Beamtenapparat zeigt sich sehr daran interessiert, Probleme aus dem Ausland zu importieren. Kein Wunder wird der Flugzeugpark der Bundesverwaltung immer teurer und grösser.
Seit September 2023 fährt SRF ein Bericht nach dem anderen (Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung). Geframet werden die Berichte mit Parallelen zu einer deutschen Rollatortruppe. Als Opfergruppe in der Schweiz hat sich das Staatsfernsehen die Betreibungsbeamten ausgesucht. Das diese Beamten mit Menschen in Not zu tun haben, ist nicht erst seit Beginn der SRF-Kampagne der Fall. In einer solchen Situation können Menschen in ihrer Verzweiflung schon mal emotional werden. Wer mag es ihnen vergönnen?
Das Schweizer Fernsehen hat kaum noch Reichweite. Also müssen die alten Medien auf Kommando aufspringen. Und tatsächlich: kurz darauf folgen Berichte im Tagesanzeiger, Blick und in regionalen Zeitungen. Auch die NZZ stimmt mit ein. Koordiniert reichte die SP-Nationalrätin Nina Schäfli am 13. Juni 2024 ein Postulat im Parlament nach. Ihr Wording scheint sie aus Berlin erhalten zu haben: «Gefahr für die Demokratie!»
Nicht alle Beamten sind arbeitsbesessen, sondern manchmal auch arrogant bis hin zu hintertrieben. Darüber berichten die alten Medien nie.
Der Staat hat offensichtlich ein Problem mit seinen Bürgern. Die Kampagne kann nicht anders verstanden werden. Er entlarvt sich ungewollt selbst. Bürger fühlen sich nicht ernst genommen, werden mit worthülsigen Textvorlagen abgewimmelt und willkürlich behandelt. Finanzieren müssen sie den Verwaltungsapparat trotzdem. Ob der Staat das Problem mit der Stigmatisierung seiner Kundschaft löst, ist fraglich.
Was denken Sie zu diesem Thema, liebe Leser? Sind auch Sie der Meinung, dass der Staat ein Problem mit seinen Bürgern hat und willkürlich Jagd auf vermeintliche «Staatsverweigerer» macht? Oder sehen Sie das ganz anders? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen
© Foto: Paul Siegenthal
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Quellen:
13.6.2024: Staatsverweigerer: Eine Gefahr für Demokratie und innere Sicherheit? Parlamentarisches Postulat von Nina Schäfli (SP)
3.8.2024: Sollen «Staatsverweigerer» vom Geheimdienst überwacht werden? Die Zürcher Polizei prescht hinter den Kulissen mit einem heiklen Antrag vor (NZZ)
Youtube: SRF Berichte
Unbekanntes Datum (wahrscheinlich Beginn 2023): Bericht der Fedpol