Der Wahrheit verpflichtet
08. Oktober 2024 - Paul Siegenthal

Life-Hack für Milliardäre: Werde Kunstmäzen und vermeide Steuern!

Paul Siegenthal
Mit Kunst kann man gewaltig Steuern sparen. Hat ein Milliardär ein richtig fettes Jahr, dann steht ihm bald eine Steuerrechnung in Millionenhöhe ins Haus. Höchste Zeit, kreativ zu werden. – Ein Kommentar von Paul Siegenthal, lic. oec. HSG

Die Schenkung. Der Milliardär hat eine Idee: er könnte ein Kunstwerk an ein staatliches Museum schenken und die Schenkung von den Steuern abziehen. Aus den 50 Millionen Steuern würden dann nur noch 40 Millionen.

Doch wer wird ihm glauben, dass ein Bild aus dem Brockenhaus, dem Flohmarkt oder einer unbedeutenden Galerie 10 Millionen wert ist? Also muss eine Story her! Eine tolle Beschäftigung für die Gattin. Sie hat Kunstgeschichte studiert, zumindest hat sie während ihrer Zeit als Yachtgirl immer wieder mal die Coffee Table Books durchgeblättert.

Künstler entdecken. Sie zieht also los durch die lokalen Kunstläden und wird bald auf einen jungen, gutaussehenden Künstler aufmerksam. Beide teilen schnell die Leidenschaft für das Schöne. Beide sind sich einig, dass ein Zeichen für Toleranz gesetzt werden muss. Umweltverschmutzung und  Faschismus sind die grössten Gefahren für die Menschheit. Der Milliardär stimmt zu: er verdient gutes Geld mit Green-Deal-Aktien und fürchtet, dass die Begrenzung der Einwanderung die Lohnkosten erhöhen und die Immobilienpreise senken könnten. Tutti contenti!

PR-Agentur engagieren. Doch damit ist das Steueramt noch nicht überzeugt. Also engagiert man eine spezialisierte PR-Agentur. Sie verschafft dem Künstler Interviews und Reportagen in Kunstzeitschriften, in Feuilletons der Landeszeitungen und in dem einen oder anderen Lokalsender. So ganz gratis ist das nicht: ein paar fette Inserate für Vernissagen werden schon erwartet.

Showdown. Spätestens jetzt ist der Künstler in aller Munde – der richtige Zeitpunkt, ein Gutachten einer Kunstagentur einzuholen. Die gewünschten 10 Millionen sind beglaubigt – auch wenn niemand auch nur einen Cent dafür zahlen würde. Dann kontaktiert der Anwalt des Milliardärs das Kunstmuseum und vereinbart eine Schenkung. Das Werk wird feierlich dem Museum in Anwesenheit der gesamten Politprominenz inklusive Medien übergeben.

High-Society-Party. Gewonnen haben in diesem Spiel gleich mehrere. Der Künstler ist «entdeckt», der Steuergauner nennt sich Mäzen, seine Frau ist eine Förderin der Kunst. Die Politiker, vorzugsweise der Finanzvorstand, können sich (inklusive Photo) in den Medien profilieren. Allen ist die Einladung zur nächsten High-Society-Party sicher, wo bestimmt der nächste Mäzen lauert.

Und das Steueramt hat einen Abschreiber von 10 Millionen, wird aber nie den Mut aufbringen, den offensichtlichen Scam zu hinterfragen. Wer auf dem Amt will schon den eigenen Chef als nützlichen Trottel zur Steuervermeidung hinstellen? (Denkt da jemand an Olaf Scholz?)

Merke: die einzig wahren Künstler in der Stadt sind Graffitikünstler. Doch diese Kunst ist verboten.

Was halten Sie, lieber Leser, liebe Leserin, vom kreativen Steuernsparen der Superreichen? Und kennen Sie noch andere Varianten davon? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen!

© Foto: Paul Siegenthal

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