Wird der Fürst zu begierig, verjagt ihn der Untertan – früher mit Gewalt, heute durch Wahlen. Als Fürst konnte man sich gegen dieses Schicksal versichern.
Die Versicherungsgesellschaft hieß «Katholische Kirche». Hatte der Fürst den Segen des Papstes, war der Aufstand gegen ihn eine Sünde. Usurpatoren landeten in der Hölle.
Kostenlos war Gottesgnade nicht. Der Herrscher musste den Papst als Oberhaupt der Kirche anerkennen. Was heute als selbstverständlich gilt, war damals anders. Die meisten Menschen im Frühmittelalter waren arianische Christen, die den Bischof von Rom nicht als Oberhaupt der Kirche sahen. Verbreitet wurde der Glauben von Mönchen. Diese kreuzten ab und an auf und entsprechend vage waren die Glaubensvorstellungen des Volkes. Juden wurden im frühen Mittelalter für Christen gehalten. Archäologen fanden immer wieder christliche Gräber auf jüdischen Friedhöfen. Die Juden selbst kleideten sich wie die Bevölkerung und sprachen die gleiche Sprache.
Kathedralen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk des Mittelalters. Mit der Anerkennung des Papstes als Kirchenoberhaupt war es nicht getan. Auch das Volk musste wissen, dass ihr Fürst ein Gesalbter war. In ganz Europa wurden Kathedralen gebaut, in denen Tausende zusammenkommen konnten – ein richtiger Bauboom. Römische Bischöfe (heute würde man sie «Experten» nennen) überbrachten die Kunde Roms.
Diese Protzbauten kosteten eine Menge Geld. Finanziert wurden sie mit der Kirchensteuer, die Rundfunkgebühr des Hochmittelalters.
Kreuzzug gegen die Konkurrenz. Kathedralen verhindern Konkurrenz nicht. Im Süden Frankreichs lebten Katharer und überall gab es Juden. Mit den Katharern machte der Papst in einem Kreuzzug kurzen Prozess.
Gotteszeugen. Nicht ganz so einfach war es mit den Juden. Seit Augustinus galten sie als Gotteszeugen. Also marginalisierte man sie. Wenn eine Katastrophe hereinbrach, endete es nicht selten in einem Pogrom. Auch wenn der Vatikan ein solches Verhalten nicht guthieß, blieb es bei einem leichten Räuspern aus Rom. Die meisten Juden konvertierten, viele verließen den Westen und wanderten nach Osteuropa aus.
Inquisition. Die Angst der Kirche vor Konkurrenz blieb. Inquisitoren (neudeutsch Trusted Flagger) hielten Augen und Ohren offen, ob am Sabbat eventuell kein Rauch aus dem Kamin stieg.
Das vorläufige Ende. Mit der Französischen Revolution ging das Gottesgnadentum dem Ende zu. 1918 verschwand es endgültig. Regierungen legitimierten sich fortan durch den Volkswillen. Statt Rebellion und Aufstände gab es nun Wahlen.
Wahlen sind unpässlich. Volksvertretern gefällt dieses Modell nicht, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Schon nach wenigen Jahren könnte das fette Leben vorbei sein.
Brüssel, der neue Vatikan. Statt der Bibel gibt es nun die Wertegemeinschaft. Die Medien, die Kathedralen der aktuellen Postmoderne, gaukeln der Bevölkerung einen Grundkonsens vor. Wer dagegen rebelliert, dem droht die Stigmatisierung (neudeutsch Nazi) und Exkommunikation (neudeutsch Shadow Banning oder auch Shadow Ghosting).
Die neuen Kreuzzüge. Die Regierenden wissen, dass es eine Inquisition braucht, um verbleibende Widerstandsnester auszuräuchern. Habeck ließ verlauten, dass die sozialen Medien reguliert werden müssen. Hillary Clinton wurde noch deutlicher: Sie warnte vor einem Kontrollverlust, wenn die sozialen Medien nicht stärker zensieren werden.
Linke Politik endet immer im Gulag, egal wie harmlos sie daherkommt.
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