Der Wahrheit verpflichtet
12. Juni 2023 - Stephan Seiler

Asyl-Notstand in Schweizer Hotels

Stephan Seiler
Der Kanton Aargau geht beim Asylwesen aufs Ganze. Die Gemeinde Möriken-Wildegg stellt dafür ein Hotel für 140 Einzelmänner zur Verfügung und geht bei der Kommunikation besonders trickreich vor.
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News vom 12. Juni 2023

In der Aargauer Gemeinde Möriken-Wildegg soll ein Hotel mit langer Tradition als Asylunterkunft genutzt werden. Das Hotel Aarehof liegt mitten im Dorfkern, direkt neben dem Bahnhof: für ein Asylzentrum ein denkbar ungünstiger Standort. 140 Asylanten sollen dort für drei Jahre untergebracht werden. Aber nicht etwa Familien mit Kindern sollen in den erst kürzlich renovierten Hotelzimmern einziehen, sondern 140 Einzelmänner aus Syrien, der Türkei und Afghanistan. Das Vorhaben sorgt bei der Bevölkerung für Ärger. In Wildegg leben bereits jetzt schon 40 Prozent Ausländer. Mit dem neuen Asylzentrum werden es über 50 Prozent sein. Auch Janine Glarner, die FDP-Gemeindeammann von Möriken-Wildegg ist, findet den Standort ein Sicherheitsrisiko.

Laut Medienmitteilung des Gemeinderates hätte man sich eine andere Nutzung des Hotels gewünscht und sei geschockt gewesen, als man Ende Januar 2023 statt vom Kanton, aus einer Pressemitteilung der «Aargau-Hotels» davon erfahren habe. Zudem sei das Aufnahmekontingent mit bereits 49 aufgenommenen Flüchtlingen in der Gemeinde längst erfüllt. Das Aarehof gehört dem Hotel-Tycoon Rolf Otto Kaspar. Ihm gehören unter anderem auch das Seminarhotel Nottwil und das Hotel Haller in Lenzburg. Wie viel Geld Kaspar vom Kanton für die Zwischennutzung erhält, ist nicht bekannt. Im Januar 2023 rief der Kanton Aargau die Asylnotlage aus, weil die Plätze schon Ende Februar voll waren. Laut einzelnen Medienberichten heißt es, das Asylzentrum im Aarehof sei vom Kanton per Notrecht verfügt worden.

Der Gemeinderat schreibt jedoch in der Medienmitteilung, dies habe mit angewandtem Notrecht nichts zu tun. Es handle sich vielmehr um einen einfachen Nutzungsvertrag zwischen dem Kanton und dem Hotelbesitzer. Dies wird auch durch Michael Hassler, Leiter Kommunikation des Departements Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau, auf unserer Anfrage hin bestätigt. Demnach hätte der vermeintlich geschockte Gemeinderat gegen diesen Vertrag rechtliche Mittel einlegen können, was er allerdings aus noch unbekannten Gründen nicht getan hat. Irreführend behauptet der Gemeinderat: «Am Entscheid des Kantons ist nicht zu rütteln. Protestaktionen und Petitionen bringen nichts.» Die Antworten von Janine Glarner auf unsere Medienanfrage stehen noch aus.

Die für das Asylzentrum verantwortliche Leiterin des Kantonalen Sozialdienstes, Pia Maria Brugger-Kalfidis findet den höchst umstrittenen Standort ideal. Die Aufenthaltsqualität sei im Hotel Aarehof besonders gut und das Hotel liege wegen dem direkten Zugang zum Bahnhof für die Asylsuchenden geradezu perfekt.
Trotzdem wollten die Freiheitstrychler am letzten Samstag ein Zeichen gegen das «Hotel Asyl» setzen. Gekommen waren nebst den Trychlern auch einige Motorradfahrer, die den Umzug begleiten wollten. Doch der Umzug fand nicht statt. Bereits am Versammlungsort wurden die Anwesenden von der Aargauer Polizei eingekesselt. Unser Redakteur Stephan Seiler war vor Ort. Auf seine Fragen antworte der Pressesprecher Dominic Zimmerli von der Kantonspolizei Aargau. Die Friedensaktivistin Christa Urech, die seit dem ersten Tag der Plandemie für Grundrechte einsteht, war ebenfalls angereist und schilderte ihre Erlebnisse. Obwohl rund 2000 Unterschriften durch besorgte Anwohner für eine Petition gegen den Entscheid gesammelt wurden, folgten nicht viele Wildegger dem Protestaufruf. Es ist anzunehmen, dass die Aussagen der Gemeinde bezüglich Sinnlosigkeit des Wiederstandes Wirkung gezeigt haben.

Auch in den Aargauer Gemeinden Windisch, Lenzburg und Birmenstorf, sind Asylunterkünfte per Notrecht geplant. In Lenzburg bereitet der Kanton gar extra dafür ein Baugesuch vor, um den 150 Geflüchteten in der unterirdischen Unterkunft einen oberirdischen Aufenthaltsbereich zu ermöglichen. In Birmenstorf sollen im ehemaligen Sanitätsposten der Armee bis zu 200 Flüchtende untergebracht werden. Weil dort Kochgelegenheiten fehlen, liefert man das Essen sogar per Catering an. In der Gemeinde Windisch erhielten 49 bestehende Mieter per Ende Juni die Kündigung, um rund 100 Flüchtlingen Platz zu machen. Die Wohnungen in den drei betroffenen Gebäuden seien günstig und für Personen mit tiefem Einkommen gedacht. Diese müssen nun eine neue Bleibe suchen. Die skandalöse Aktion wird vom Gemeinderat und von großen Teilen aus der Bevölkerung scharf kritisiert. Wie es heißt, will die Gemeinde den Betroffenen helfen, sich gegen die Kündigungen zu wehren.

Auch im Touristenort Einsiedeln im Kanton Schwyz, direkt neben dem Kloster, sollen Asylanten im Traditions-Hotel Sonne für mindestens zwei Jahre logieren dürfen. Der Bezirksrat und die Einsiedler Bevölkerung sind darüber verärgert. Am Entscheid des Kantons ändert dies jedoch nichts. Das Hotel steht nach einem Besitzerwechsel seit Januar leer und soll im Jahr 2025 ohnehin abgerissen werden. Bis dahin mietet der Kanton Schwyz das Hotel mit Logenplatz als Zwischennutzung für 30 unbegleitete minderjährige Asylanten aus Afghanistan. Während man in manchen Kantonen, an eben solchen erweiterten Asylunterkünften werkelt, werden die Schicksale der rausgeworfenen Schweizer von den Verantwortlichen weiter ignoriert.

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