Mindestens zwei Sachen müssen Sie vor dem Verreisen mit dem Flugzeug immer dabei haben: Reise- und Boardingpass. Diese Dokumente müssen beim Check-In, bei der Sicherheitskontrolle, bei der Gepäckaufgabe und schließlich beim Einsteigen ins Flugzeug vorgezeigt werden. Doch an einigen Flughäfen können sie diese Dokumente in der Tasche lassen. Denn Fluggesellschaften aus aller Welt sind dabei, den Check-In Prozess mit Gesichtserkennung einzuführen. In Europa gehören die SWISS, die Austrian Airlines, die Lufthansa und die British Airways dazu. An den Flughäfen in Frankfurt, München, Wien und Hamburg ist das biometrische Boarding bereits möglich. In anderen Ländern wie den USA, in Neuseeland, in Dubai, Frankreich oder Finnland, wird Biometrie schon länger eingesetzt. Interessanterweise erkennen die Algorithmen der Kameras eine Person auch dann, wenn diese eine Gesichtsmaske trägt. Diese Funktion lässt erahnen, dass das biometrische und kontaktlose Boarding bei einer allfällig nächsten Pandemie zur Pflicht werden könnte.
Nach einem Beschluss der EU-Kommission werden die Länder des Schengen-Raums, zu dem auch die Schweiz gehört, gezwungen, im Rahmen des «Smart-Border-Programms» ein sogenanntes «Entry-Exit-System» aufzubauen. Dabei erstellen Automaten ein digitales Dossier über alle Reisenden aus Drittstaaten, inklusive einem biometrischen Gesichtsbild sowie einem Scan der Fingerabdrücke. Wie es heißt, sollen die gespeicherten Daten den Behörden im Schengen-Raum jederzeit Auskunft über die Identität und Aufenthaltsdauer von Reisenden geben können. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt ein kurzes Video am Beispiel des Flughafens Zürich.
Gemäß Kantonspolizei Zürich soll das neue Systems zur Stärkung der Außengrenzen und dem Schutz des Schengen-Raumes dienen. Wieso der ohnehin schon biometrische Pass nicht mehr zur Identifikation genügt, erklären die Behörden nicht. Es geht dabei möglicherweise weniger um die Identifizierung von Personen, sondern vielmehr um Totalkontrolle und das Sammeln von sensiblen Daten.
Auch das Sammeln von Stimmprofilen hält in manchen Schweizer Unternehmen mit einem Contact-Center Einzug. Nachdem der Kunde einen einmaligen Stimmabdruck angelegt hat, wird er vom System automatisch wiedererkannt. Mit dieser Lösung könne die Identifikationsdauer angeblich auf die Hälfte reduziert werden. Die Einsparung beträgt hingegen weniger als eine Minute. Vielen Kunden ist wohl kaum bewusst, dass sie mit der Einwilligung höchst persönliche Daten abgeben, die sonst nur von Strafverfolgungsbehörden zu Ermittlungszwecken verwendet werden dürfen.
Das Sprachbiometrie-System stammt von der Schweizer Firma Spitch, das auch bei der Migros-Bank, der St. Galler Kantonalbank, beim Straßenverkehrsamt des Kantons Aargau, beim Automobilhändler AMAG, oder bei der Post-Finance im Einsatz ist. Und auch hier versichern die Unternehmen einhellig, dass sie keine Gespräche aufnehmen und den Stimmabdruck nicht an Drittunternehmen weitergeben würden. Gründer und CEO der Spitch AG in Zürich ist Alexey Popov. Laut seinem Profil beim Business-Netzwerk Linkedin, war er bis 2011 stellvertretender Leiter des russischen Finanzministeriums. Von 2011 bis 2012 war er Leiter der IT-Abteilung bei der russischen Regierung. Vor dem Hintergrund, dass die Schweiz ein Wirtschafts-Embargo gegen Russland verhängt hat, ist es erstaunlich, dass ein ehemaliger und hoher russischer Staatsdiener für höchst sensible Daten von Schweizer Kunden verantwortlich sein kann.