Der Wahrheit verpflichtet
22. Mai 2023 - Stephan Seiler

Bundesrat greift in die Trick-Kiste

Stephan Seiler
Unsere Recherchen zeigen, dass die Argumente von Bundesrat Berset für die Verlängerung des Covid-19-Gesetzes unhaltbar sind.
Link zur Sendung
News vom 22. Mai 2023

Am 18. Juni entscheidet das Schweizer Stimmvolk zum dritten Mal über das Covid-19-Gesetz, genauer: ob es bis Mitte 2024 verlängert werden soll. An der Medienkonferenz vom 2. Mai warb Gesundheitsminister Alain Berset für die Wichtigkeit, ein JA in die Urne zu legen. Aber nicht etwa wegen einer neuen Virus-Variante, sondern wegen der Förderung zweier Covid-19-Medikamente. Genauer gesagt: eines gegen das Long-Covid-Syndrom und das zweite für Patienten mit dem Risiko eines Lungenversagens. Wir berichteten darüber in unserer Sendung vom 17. April. An der Pressekonferenz behauptete Berset.

Ursprünglich wollte der Bund vier Pharmaunternehmen mit einer Fördersumme von rund 27 Millionen Franken unter Vertrag nehmen. Zwei der Projekte sind noch übriggeblieben. Beim Medikament gegen Long-Covid handelt es sich um «Temelimab» der Genfer Firma GeNeuro. Das zweite Medikament heisst «Ambrisentan» und wird von der Basler Firma Noorik Pharmaceuticals AG gegen pulmonale Hypertonie entwickelt. Um sein Argument zu untermauern, verlängerte der Bundesrat das Förderprogramm für diese Arzneimittel bis am 30. Juni 2024. Doch bei genauerem Hinsehen scheint es dafür keine plausiblen Gründe zu geben. Mit Stand vom 8. Mai wurde die klinische Phase-2-Studie von GeNeuro gemäß der Datenbank «Clinical-Trials.gov» schon am 31. März 2023 abgeschlossen. Nach unserer Medienanfrage an GeNeuro wurde der Zeitrahmen für die Studie plötzlich auf den 30. Juni 2024 verlängert. Auf unsere erneute Nachfrage antwortete Miguel Payró, Chief Financial Officer von GeNeuro:

«Das geschätzte Abschlussdatum 31. März 2023 war die ursprüngliche Schätzung zum Zeitpunkt der Einreichung des ersten Protokolls, und wir haben es jetzt revidiert. Wir gehen davon aus, dass die ersten Ergebnisse der Studie zwischen dem 1. und 2. Quartal 2024 vorliegen werden – was also eine Verlängerung des COVID-Gesetzes erfordert.»

Es erscheint merkwürdig, dass man bei GeNeuro erst nach unserer Anfrage auf die Idee gekommen ist, die Studie bis Ende Juni 2024 zu verlängern. Vermutlich deshalb, um nicht nur vom Förderprogramm profitieren zu können, sondern gleichzeitig eine Rechtfertigung für die Verlängerung des Covid-Gesetzes zu haben.

Zudem wollten wir von GeNeuro wissen, wie sie bei der Studie sicherstellen können, dass die Teilnehmer auch tatsächlich mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert gewesen sind. Die Antwort von Payró

«Unser Studienprotokoll sieht vor, dass die Infektion eines Patienten mit dem SARS-CoV-2-Virus durch einen PCR-Test bestätigt werden muss, der zum Zeitpunkt der Infektion durchgeführt wird.»

Ausserdem wollten wir Angaben darüber, ob und wie viele der Probanden mit einem Gen-Präparat gegen Covid-19 geimpft wurden. Payrós Antwort:

«An der klinischen Studie können sowohl geimpfte als auch ungeimpfte Patienten teilnehmen, sofern sie mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert waren, was durch einen PCR-Test nachgewiesen wurde.»

Der Nachweis für eine Corona-Infektion könnte hingegen, wenn überhaupt, nur mit einem spezifischen Antikörpertest erbracht werden. Nicht aber mit möglicherweise falsch-positiven PCR-Tests, mit denen man eine Infektion bewiesenermaßen überhaupt nicht nachweisen kann. Zudem bleibt unklar, ob die Probanden tatsächlich wegen einer Covid-19-Infektion erkrankt sind. Da gemäß Payró ja eine unbekannte Zahl von geimpften und ungeimpften Patienten an der Studie teilnehmen, ist es ebenso möglich, dass sie an den Nebenwirkungen der Gen-Spritzen erkrankt sind. Angesichts dieser Tatsachen muss die vom Bund geförderte Studie von GeNeuro konkret in Frage gestellt werden.

Die Phase-2-Studie von Noorik wurde gemäss «Clinical-Trials.gov» bereits am 27. Februar 2023 beendet und man wertet nun die Resultate aus. Die Behauptung des Bundesrates, das Covid-Gesetz müsse wegen diesen Medikamenten verlängert werden, ist damit irreführend und trügerisch zugleich.

Deshalb wollten wir vom Bundesamt für Gesundheit BAG Genaueres wissen; ob der Zeitraum bis Mitte Dezember 2023 für die nötigen Fördermittel nicht ohnehin ausgereicht hätte. Auch wollten wir wissen, ob die Verträge beidseitig unterzeichnet wurden und wie lange diese Verträge dauern. Außerdem wollten wir wissen, ob das BAG aktiv auf die Pharmafirmen zugegangen ist. Die Antwort von Mediensprecher Simon Ming:

«An seiner Sitzung vom 30. Juni 2021 hatte der Bundesrat das BAG, unterstützt von Innosuisse, damit beauftragt, das Förderprogramm umzusetzen. Die Ausschreibung dauerte vom 19. Juli bis zum 16. August 2021. Nähere Informationen zum Förderprogramm finden Sie auf der entsprechenden Webseite. Es wurden bisher erst 14.2. Millionen CHF abgerufen, da die Auszahlungen an Meilensteine geknüpft sind. Nach erfolgreichem Erreichen eines Meilensteines werden Zahlungen ausgelöst. Zu den Vertragsinhalten mit den einzelnen Förderprojekten nimmt das BAG keine Stellung. Für nähere Angaben zum Entwicklungsfortschritt wenden Sie sich bitte an die Firmen.»

Diese Antwort kommt einer Verweigerung gleich, denn das BAG beantwortete damit keine einzige von uns gestellte Frage.

Erstaunlicherweise wird das von Berset noch an der Pressekonferenz behauptete Argument mit den Medikamentenstudien, im Abstimmungsbüchlein zur Volksabstimmung am 18. Juni nicht mehr erwähnt. Der Bundesrat schreckt darin die Bevölkerung erneut und spricht vom unberechenbaren Corona-Virus, dessen Varianten jederzeit wieder ausbrechen könnten.

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