Der Wahrheit verpflichtet
21. April 2023 - Stephan Seiler

CS-Deal: Bundesrat übergeht Wille des Parlaments

Stephan Seiler
Die Rettung, der durch Missmanagement und Schlamperei entstandenen CS-Pleite, müssen nun die Steuerzahler ausbaden. Obwohl der Nationalrat zweimal gegen den Deal stimmte, waltete der Bundesrat in Eigenregie.
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News vom 21. April 2023

Die Credit-Suisse, kurz CS, ist eine altehrwürdige Schweizer Bank mit Jahrgang 1856 und nebst der UBS die zweitgrößte am Schweizer Finanzplatz. Doch hat sie sich mit Missmanagement und Risikogeschäften schon seit Jahren zunehmends ins Abseits manöveriert. Da war etwa die bulgarische Mafia, die laut Staatsanwaltschaft von 2004 bis 2007 ungestört Geldwäsche über CS-Konten abwickeln durfte. Oder etwa dubiose Geschäfte einer britischen CS-Tochter mit Mosambik, wo bei Krediten an Staatsfirmen mehrere Millionen verschwanden. Die gleichzeitige Abzockermentalität der Führungsspitze ließ das Vertrauen in die Bank weiter schrumpfen. Der Tagesanzeiger hatte aus den Geschäftsberichten errechnet, dass die CS seit 2013 kumuliert mehrere Milliarden Verluste zu verbuchen hatte, während es sich die Teppichetage gleichzeitig mit Bezügen in der Höhe von 32 Milliarden Franken gut gehen ließ. Trotz der Milliardenhilfe will der Bundesrat gemäß der Boulevardzeitung Blick kein Boni-Verbot aussprechen, da es sich nicht um eine Staatsrettung handle, so die Behauptung.

Bereits im letzten Herbst fiel der Aktienkurs der CS in den Keller und Großinvestoren zogen vermehrt ihre Gelder ab. Laut dem Journalisten Lukas Hässig von Insideparadeplatz, der die CS als «Swiss Titanic» bezeichnet, versagten sämtliche Aufsichtsorgane. Für eine Kurskorrektur hätten sie der Bankführung spätestens seit Herbst kritische Fragen stellen müssen, was hingegen nicht passiert sei. Nach der Aktionärsversammlung, die Anfangs April stattfand, wurde klar, dass die CS im Jahr 2022 einen horrenden Verlust von 24 Milliarden verbuchte. In einem anfangs Februar veröffentlichten Bericht, war von lediglich 7,3 Milliarden die Rede. Dann kam es Mitte März schließlich zum Showdown, als die Aktie mit einem riesigen Wochenend-Gap, bei nur noch 70 Rappen eröffnete, nachdem sie mit Schluss am Freitag noch bei CHF 1.86 notierte: Ein Kursverlust von 62 Prozent. Laut Karin Keller-Sutter, Vorsteherin des Finanzdepartements, war die einmalig hohe Liquiditätsspritze nötig, um einen Dominoeffekt zu verhindern. Wohl auch deshalb, weil Keller-Sutter selbst ein Konto bei der CS hat, wie sie an der Pressekonferenz vom letzten Mittwoch verlauten liess:

Mit einer Liquiditätshilfe von 100 Milliarden Franken ist die Nationalbank eingesprungen. Weil das offenbar noch immer nicht reichte, hatte der Bundesrat in Eigenregie weitere 109 Milliarden Bundesgeld zugesprochen. Für die Schlampereien müssen nun die Steuerzahler mit total 209 Milliarden Franken garantieren, was etwa einem Viertel des Bruttosozialproduktes der Schweiz entspricht.

Die UBS, die während der Finanzkrise von 2008 selbst vor der Pleite stand und mit 70 Milliarden Franken gerettet werden musste, konnte die Credit Suisse damit zu einem Spottpreis von drei Milliarden Franken erwerben. Der Deal wurde abgenickt, obwohl die CS unter der Fuchtel von Axel Lehmann Freitag zuvor noch über 7 Milliarden Wert war. Laut Bankeninsider sei der Druck aus dem Ausland, vor allem aus den USA, immer größer geworden. In seiner vermeintlichen Allmacht griff der Bundesrat schließlich zum Notrecht, wie schon mehrmals in jüngster Zeit. Damit hat er der UBS ermöglicht, ihre größte Konkurrentin zum einmaligen Spottpreis von 76 Rappen pro Aktie inklusive Milliardengarantien zu kaufen. Nur dank des umstrittenen «Too Big to Fail»-Systems war dieses einmalige Rettungspaket überhaupt möglich.

Doch der Nationalrat stimmte in seiner Session von Mitte April zweimal gegen den Deal. Den Bundesrat kümmert dies allerdings nicht, wie Blick berichtete. Er habe das zweimalige Nein zwar zur Kenntnis genommen, doch die Ablehnung habe keine rechtliche Wirkung. Der Bundesrat versichert, die Haltung des Parlaments bei zukünftigen Geschäften bestmöglichst zu berücksichtigen. Mit dem Konjunktiv impliziert er hingegen, dass er in Zukunft wiederum von seinem Machtinstrument Gebrauch machen könnte.
So wie zu Beginn der Pandemie etwa, als er das Parlament ins Aus beförderte, und von da an als alleiniger Regent herrschte. Damit der Bundesrat in Zukunft nicht noch mächtiger wird, verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz, das die Befugnisse des Bundesrates eingrenzen und gleichzeitig die Funktionsweise des Parlaments auch in Krisensituationen stärken soll. Doch wie der Fall Credit Suisse zeigt, scheinen derartige – eigentlich lobenswerte – Bemühungen ins Leere zu laufen.

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