Der Wahrheit verpflichtet
12. Juni 2023 - Barbara Hagmann

Cyberbrillen: Fluch oder Segen?

Barbara Hagmann
Apple & Co. drängen die Menschen immer mehr in den virtuellen Raum.
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News vom 12. Juni 2023

Spielt sich unser Leben bald nur noch hinter den Scheiben virtueller Brillen ab? Während eine KI-Innovation die nächste jagt, wird auch in Sachen virtuelle und erweiterte Realitäten eifrig gearbeitet. So präsentierte vergangene Woche Apple an der «World Wide Developers Conference» sein neustes Produkt: Die «Vision Pro»; das erste Mixed-Reality-Headset des kalifornischen Unternehmens. Diese Brille soll das Leben revolutionieren und die Menschen noch stärker an Heim und Sofa fesseln. Denn mit der neuen Apple-Brille sollen die Nutzer die Zuschauerbank verlassen und selbst Teil des Geschehens werden:

«Wenn du Apple VisionPro aufsetzt, siehst Du deine Welt und alles darin. Deine Lieblingsapps liegen direkt vor dir, aber jetzt sind sie in deinem Raum. (...) Du navigierst mit deinen Augen. (...) Auch wenn diese räumlichen Erfahrungen innerhalb von VisionPro stattfinden, sieht, hört und fühlt es sich so an, als wären sie physisch vorhanden. (...) FaceTime sieht und klingt in Apple Vision Pro fantastisch. Du siehst Menschen in Lebensgröße. Und mit Spatial Audio hörst du sie, als ob sie direkt vor dir stünden. (...)»

In den Corona-Jahren hat sich die Arbeitswelt stark verändert. Viele Meetings fanden und finden nur noch virtuell statt. Daran knüpfen Tech-Unternehmen an und entwickeln weitere Gadgets, damit sich das Leben künftig nur noch in den eigenen vier Wänden abspielt.

Mit der neuen Datenbrille tritt Apple gegen Wettbewerber an, die schon länger Headsets herstellen. Wie etwa der Facebook-Konzern Meta, der ebenfalls ein paar Tage vor Apple sein neustes Quest-Brillenmodell ankündigte. Wie The Verge schreibt, sei Mark Zuckerberg wenig beeindruckt von dem Konkurrenzprodukt und findet, dass die Gemeinschaft zu wenig gefördert werde. An einem Meta-Mitarbeitertreffen sagte er über Apples «Vision Pro»:

«(...) Es gibt keine magischen Lösungen für die physikalischen Gesetze, die unsere Teams nicht schon erforscht und bedacht haben. (...) Noch wichtiger ist, dass unsere Vision für das Metaversum und die Präsenz grundlegend sozial sind. Es geht darum, dass Menschen auf eine neue Art und Weise miteinander interagieren und sich näherkommen. Bei unserem Gerät geht es auch darum, aktiv zu sein und etwas zu tun. (...)»

Auch wenn Zuckerberg das Adjektiv «sozial» über seine Vision stülpt, ist diese das genaue Gegenteil. Denn er will, dass sich das soziale Leben in den virtuellen Raum, sprich ins Metaverse verlagert. Virtuelle Erlebnisse, wie etwa das Filmegucken, sollen sich nicht nur verbessern – Nein – man soll dabei in einen gemeinsam genutzten, dreidimensionalen und beständigen digitalen Raum abtauchen.

Auch die Schweiz mischt bei den Cyberbrillen kräftig mit. Wie die Handelszeitung schreibt, seien viele Schweizer Firmen schon länger Zulieferer und an der Konstruktion von iPads, Macs, Halbleitern und Sensoren für Smartphones und Computer beteiligt. Schweizer Firmen beliefern aber nicht nur Apple; auch bei «Hololens» von Microsoft und «Quest-Brillen» von Meta gibt es signifikante Beiträge «Made in Switzerland». Ein lukratives Geschäft, wie folgende Prognose zeigt. Bis 2026 rechnet man mit knapp 25 Millionen VR-Brillen, die über den Ladentisch gehen.

Demnächst soll auch eine «Hightech-Skibrille» auf den Markt kommen. Von «Ostloong» entwickelt und in China produziert, soll die 1000-fränkige Skibrille «Sirius» die Pisten erobern. Die AR-Funktion soll Wetterdaten, Höhenlage, aktuelle Position oder persönliche Geschwindigkeit im Brillendisplay visualisieren.

Beim ganzen Brillen-Hype ist nicht zu vernachlässigen, dass über solche Gadgets auch biometrische Daten übermittelt und gesammelt werden können. So arbeitet Apple etwa daran, Depressionen per iPhone und Apple Watch zu erkennen. Relevant dafür sind unter anderem Informationen wie Gesichtsausdrücke, die Art des Sprechens und das Tippverhalten. Ein anderes Beispiel ist das Tech-Start-Up «Affectiva», das eine AR-Brille für Kinder mit Autismus entwickelt hat. Die Brille gibt den Trägern Hinweise darauf, wie sie auf nonverbale Signale wie Lächeln oder Stirnrunzeln reagieren können. Um solche KI-Systeme zu trainieren, hat das Unternehmen nach eigenen Angaben die größte Emotionsdatenbank der Welt aufgebaut.

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