Der Wahrheit verpflichtet
10. April 2025 - Die Börse als Indikator 1

Die Börse als Indikator

Die Börse als Indikator
In der Schweiz wird oft der Eindruck erweckt, dass die Reaktionen der Börse direkt die wirtschaftliche Realität widerspiegeln – ein Narrativ, das vor allem von den Mainstream-Medien propagiert wird. Doch der Schweizer Aktienindex SMI, der hauptsächlich von multinationalen Unternehmen geprägt ist, spiegelt kaum die tatsächlichen wirtschaftlichen Bedingungen wider, die von kleinen und mittelständischen Betrieben geprägt werden. In diesem Artikel hinterfragt unser Kommentator die gängige Auffassung und beleuchtet die oft missverstandene Beziehung zwischen Finanz- und Realwirtschaft. – Ein Kommentar von Paul Siegenthal, lic. oec. HSG

Mainstream-Medien lesen die Reaktion «der Wirtschaft» aus Börsenkursen ab. Gibt der Bundesrat eine Pressekonferenz, dann winke ihm die Wirtschaft am nächsten Tag zustimmend mit höheren Kursen zu. So das Narrativ der Schweizer Medien.

Der SMI. Der schweizerische Aktienindex SMI (Swiss Market Index) errechnet sich aus Aktienkotierungen von 20 schweizerischen Unternehmen. Die meisten sind Multis, die nur einen kleinen Teil des Umsatzes in der Schweiz erwirtschaften.

Wenn der Bundesrat oder das Parlament eine Verordnung ändert, dann kratzt das diese Unternehmen nicht die Mücke. Alles, was die Medien dazu schreiben, ist Kappes.

Der SMI hat kaum etwas mit der direkten wirtschaftlichen Realität der Schweiz zu tun. Die schweizerische Wirtschaft sind der Bäcker, der Bauunternehmer, die Großverteiler usw. Sie alle sind nicht an der Börse.

Der amerikanische Aktienindex. Anders in den USA. Die USA sind ein riesiger Markt. Daher hat es auch viele Unternehmen an der Börse, die Milliardenumsätze im Inland erwirtschaften. Deren Indizes reagieren auf Entscheide der Regierung. Unsere Medien übertragen dieses Verhalten in ihrer Ignoranz auf die Schweiz.

Finanz- vs. Realwirtschaft.  Grundsätzlich bedeutet ein Rückgang eines Indizes nicht, dass es der Wirtschaft schlechter geht. Es kann sein, dass das Geld aus dem Finanzsektor wieder in die Realwirtschaft zurückfließt. Beispiel: der Hausbesitzer verkauft ein paar Aktien um sein Dach zu renovieren. Wenn Trump neue Zölle verkündet, können viele Anleger es als sinnvoll erachten, das Geld aus der Börse abzuziehen, um in Fabriken zu investieren. Die Aktienindizes sinken dann zwar, aber das BIP steigt.

Ausnahme NZZ? Nun hätte ich am liebsten geschrieben, dass die NZZ eine löbliche Ausnahme sei. Die letzten Tage belehren mich eines Besseren. Die Kaffeesatzleserei gehört auch dort zur dargebotenen Unterhaltung.

Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Real- und der Finanzwirtschaft, das bestreitet niemand. Die Annahme, das die Manager über Aktienkurse mit der Öffentlichkeit kommunizieren, ist Nonsens. Eher umgekehrt.

 

Lieber Leser, liebe Leserin sehen Sie es auch so wie unser Kommentator, dass der Mainstream-Journalismus die Realität unseres Wirtschaftssystem in der Schweiz komplett missinterpretieren? Oder haben Sie hier eine ganz andere Ansicht? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen!

 

© Bild: Paul Siegenthal (KI)

 

47 1

1 Kommentar zu “Die Börse als Indikator”

  • Toto Pepone sagt:

    Die Schweizer Börsen reagieren wiel stärker auf internationale Entwicklungen, als auf nationale. Die Äusserung "sie reagieren postitiv", bwz. "sie regieren negativ" bedeutet lediglich, dass sie so reagieren, wie der Mainstream-Schreiberling es gern hätte.

    3
    0

Schreiben Sie einen Kommentar