Der Wahrheit verpflichtet
19. Juni 2023 - Barbara Hagmann

E-Stamp & E-Vignette

Barbara Hagmann
Briefmarken und Autobahnvignetten werden jetzt digital. Alles freiwillig, so heißt es. Doch wie lange noch?
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News vom 19. Juni 2023

Ende Juni ist Schluss mit der SMS-Briefmarke. Die Post stellt den Dienst ein und propagiert die «Digitalstamps». Seit 2013 können Kunden, die gerade keine Briefmarken zur Hand haben, eine SMS mit dem Text MARKE an 414 senden. Innert Sekunden erhält man ebenfalls per SMS einen Code, der anstelle der Briefmarke auf das Couvert geschrieben wird. Nun sollen Briefcodes oder Paketetiketten per Smartphone erstellt werden.

Doch um das Angebot der digitalen Briefmarke nutzen zu können, benötigt der Kunde die Post-App. Wer kein Smartphone besitzt – oder eines der älteren Modelle – muss entweder zum Postschalter laufen oder eine Brieftaube losschicken. Immer mehr Dienstleistungen des gelben Riesen werden in digitaler Form angeboten. Sprich: Der Schweizer Monopolist zwingt seine Kunden früher oder später, sich die SwissID zu holen.

Vergangenen August mussten bestehende Nutzer ihr Login auf Swiss-ID umstellen. Der erzwungene Umstieg überraschte nicht; die Post besitzt seit Oktober 2021 die «SwissSign Group», welche die SwissID herausgibt und verwaltet. Damals schrieb das Unternehmen in einer Pressemitteilung, mit diesem Schritt wolle man das digitale Tor zur gelben Welt auch in Zukunft in den Händen halten und weiterentwickeln. Ferner biete sie damit eine Schweizer Lösung für Identitäts-, Zertifikats- und Signaturdienstleistungen als Alternative zu internationalen oder privaten Marktteilnehmern. Hält sich die Post damit etwa in den Startlöchern für die staatliche E-ID? Geht es nach Post-CEO Roberto Cirillo, dann soll die Post eine federführende Rolle spielen:

«Die Post beteiligt sich aus diesem Grund auch aktiv an den Diskussionen rund um eine elektronische Identität. Wir wollen den heute meist physischen Service public weiterentwickeln, zukunftsfähig machen und auch digitalisieren. Wenn Bund, Kantone und die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass ein bundesnahes Unternehmen Teil der künftigen E-ID-Lösung ist, werden wir dafür bereit sein.»

Auch auf den Schweizer Nationalstraßen wird es immer digitaler. Wie der Bundesrat in einer Medienmitteilung schreibt, gibts per 1. August die E-Vignette. Im Unterschied zur Klebevignette ist diese nicht an das Fahrzeug, sondern an das Kontrollschild gebunden. Ursprünglich stand die Idee im Raum, ganz auf digital zu setzen, was nicht bei allen Politikern auf Gegenliebe stieß. Die Nutzung ist also freiwillig und die bisherige Klebevignette ist nach wie vor verfügbar. Am Preis von 40 Franken ändert sich ebenfalls nichts.

Umstritten im Parlament war die Art und Weise der Kontrollen der E-Vignette. Schließlich einigten sich die Räte darauf, dass dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG und den Kantonen automatisierte Kontrollen mit fixen Anlagen und mobilen Geräten erlaubt werden.

Ebenso war das «Mobility-Pricing» ein heiß diskutiertes Thema. Werden hier etwa die Weichen dafür weiter gestellt? Beim «Mobility-Pricing» geht es um die Anpassung der Gebühren. Wer zu Hauptverkehrszeiten unterwegs ist, müsste mehr bezahlen als zu Randzeiten. SVP-Frau Nadja Umbricht-Pieren kritisierte 2020 das Vorhaben der E-Vignette stark und meinte, damit werde die Grundlage für eine neue Straßengebühr und eine Überwachung der Autofahrer geschaffen. Das Boulevardblatt Blick zitierte Pieren folgendermaßen:

«Wir wollen verhindern, dass über die Hintertür Mobility Pricing eingeführt wird und der Staat überwachen kann, wer wie weit mit dem Auto fährt.»

Mit der Einführung der E-Vignette ist es dem Fahrzeughalter überlassen, für welche Vignette er sich entscheidet. Die elektronische Form wird erst dann zur Pflicht, wenn sich niemand mehr für die traditionelle Version interessiert. Denn sobald ihr Anteil nur noch ein Zehntel aller verkauften Vignetten ausmacht, kann sie abgeschafft werden. Heute werden jährlich rund zehn Millionen Stück produziert. Fällt der Anteil also unter eine Million, ist sie weg von der Scheibe.

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