Der Tierquäler-Fall von Hefenhofen ist einer der brutalsten in der Schweiz. Doch Ulrich K. geht als freier Mann nach Hause, wie nebst anderen SRF berichtete. Obwohl der Landwirt seine Tiere zu Tode quälte, wurde er am 21. März vom Bezirksgericht Arbon in fast allen Anklagepunkten freigesprochen. Er erhält lediglich eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 10 Franken. Nicht einmal ein Tätigkeitsverbot wurde verhängt. Schlimmer noch: Für die vermeintliche Verunglimpfung in den Medien wurde ihm eine Genugtuung von 6000 Franken zugesprochen.
Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten sowie ein 20-jähriges Tätigkeitsverbot im Bereich der Tierhaltung. Der weitgehende Freispruch des Tierhalters sorgte in der Öffentlichkeit und Politik für Kritik. So teilte die Thurgauer Staatsanwaltschaft gestern dann mit, dass sie in Berufung gehe.
Doch wie kam es zu diesem milden Urteil? Laut Bezirksgericht seien die von der Anklage vorgebrachten Beweise teilweise nicht verwertbar gewesen. Damit sind unter anderem die Bilder von sterbenden und verhungerten Pferden gemeint, die 2017 durch die Presse gingen und hohe Wellen schlugen. Ferner sei bei der Beweisaufnahme geschlampt worden. Das Veterinäramt Thurgau habe es verpasst, die Zustände der Tiere während der Hofräumung zu dokumentieren, wie der Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT auf seiner Facebook-Seite schreibt.
Dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichend sind, um einen Tierquäler hinter Gitter zu bringen, stößt auf Empörung. Vor allem, weil Ulrich K. alles andere als ein unbeschriebenes Blatt ist. Ein Jahrzehnt lang durfte der Bauer Tiere halten, obwohl er als Tierquäler vorbestraft war. Die Behörden schauten einfach weg. Erst als 2017 die erwähnten Bilder an die Öffentlichkeit gelangten, kam Bewegung in die Geschichte: Der Hof wurde am 7. August 2017 geräumt und die Tiere beschlagnahmt.
Die NZZ berichtete 2018 ausführlich über den Fall und zeichnete ein abscheuliches Bild des Tierquälers:
«Seitens der Strafgerichte war klar: Die Tierhaltung auf dem Hof K. ist nicht tolerierbar. Mehrfach verurteilten sie den Bauern rechtsgültig wegen Tierquälerei und weiterer Delikte; er saß in Haft, wurde psychiatrisch begutachtet und behandelt. ‘Systematisch und wiederholt’, so steht in einem Bericht, verletze er die geltenden Tierschutzvorschriften zur Pferdehaltung. Die Richter hielten es für erwiesen, dass er dies ‘wissentlich und willentlich’ tue, ‘ohne mit der Wimper zu zucken’.»
Laut einem Urteil des Bezirksgerichts Arbon ließ er «mit keiner einzigen Aussage ein winziges bisschen Tierliebe» erkennen; seine Einstellung Menschen gegenüber scheine sich «in großen Teilen mit seiner Haltung Tieren gegenüber zu decken». K. dulde keine andere Meinung und keinen Widerspruch: «Andernfalls ist er ohne weiteres zur Gewaltandrohung und sogar zur gewaltsamen Durchsetzung seines Willens bereit.»
Für den Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT ist das Urteil ein Freifahrtschein für Nachahmungstäter. Geschäftsleiterin Sonja Tonelli nahm auf Anfrage unserer Redaktion wie folgt Stellung:
«Das ergangene Urteil im Fall Hefenhofen ist ein absolutes Armutszeugnis für den Schweizer Tierschutzvollzug. Jahrzehntelang hat Ulrich K. auf seinem Hof erwiesenermaßen Tiere gequält und teilweise sogar verhungern lassen. Der Fall ist einer der bestdokumentierten Fälle der Tierquälerei und trotzdem ist es wieder nicht gelungen, den Beschuldigten für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen. Ulrich K. wurde von nahezu allen Vorwürfen der Tierquälerei freigesprochen und sogar noch mit einer Genugtuung von 6000Franken belohnt.
Dieses Urteil ist auch deshalb ein Skandal, weil es eine Signalwirkung für weitere potenzielle Tierquäler hat, die daraus schließen können, dass auch schlimmste Misshandlungen und Vernachlässigung von Tieren nur milde bestraft werden.
Wir sind erleichtert, dass die Staatsanwaltschaft das Urteil weiter an das Obergericht Thurgau ziehen wird und hoffen sehr, dass Ulrich K. für seine Gräueltaten doch noch angemessen zur Rechenschaft gezogen wird.»
Hefenhofen ist einer der komplexesten und umfassendsten Tierschutzfälle der Schweiz; mit einem gerechten Strafurteil könnte gleichzeitig ein Exempel statuiert werden.