Der Wahrheit verpflichtet
10. November 2023 - Fabian Ramseyer

Generative KI auf der Überholspur – Chancen und Tücken

Fabian Ramseyer
Die EU-Gruppe zur Technologie Beurteilung (EPTA) beschreibt in ihrem neu veröffentlichten Bericht die Herausforderungen für die Politik, die durch generative KI entsteht. Wir beleuchten die wichtigsten Bereiche und werfen einen Blick auf die Gefahren.
Link zur Sendung
News vom 10. November 2023

Die Geschwindigkeit neuer Funktionalitäten, welche von KI übernommen werden können, ist bemerkenswert. Dies ist auch ein Grund, weshalb die Legislative maßlos mit der Situation überfordert ist und den Entwicklungen mehr als nur etwas hinterherhinkt. Weltweit arbeiten Regierungen mit Hochdruck daran, die künstliche Intelligenz unter Kontrolle zu kriegen. Momentan bestimmen vor allem große Institutionen, aber auch kleine Innovatoren das Feld.

Was für die Allgemeinheit noch vor wenigen Jahren nur Science-Fiction war, wurde innerhalb weniger Monate Realität. Die Mehrheit der Menschen weiß mittlerweile was ChatGPT ist und wie man eine Anfrage stellen kann. Generative KI kann ganze Inhalte in spezifischen Sprachstilen und angepasst an bestimmte Eckdaten erstellen. Auch auf ChatGPT beruhend ist beispielsweise der Politbot.ch, der angepasst an die Informationen der Schweizer Parteiwebseiten, Antworten generiert, die zu einer bestimmten Partei passen. Das ist aber noch lange nicht alles. Spricht man mit KI-Enthusiasten wird einem schnell klar, dass dies nur ein Bruchteil darstellt.
Man kann Videomaterial bearbeiten und Videos in etliche Sprachen synchronisieren und/oder untertiteln. In der zum Artikel verlinkten News-Sendung können Sie beispielsweise sehen, wie HOCH2-Redaktionsleiterin Regina Castelberg quasi in Englisch spricht, wenn auch nicht ganz lippensynchron – dies ist mit ein paar Klicks möglich, auch in vielen anderen Sprachen:
Man kann riesige Datenanalysen innert weniger Minuten bewerkstelligen. Somit sind dank KI auch die Unmengen an gesammelten User-Daten mittlerweile noch größere Goldgruben. Um einige Beispiele zu nennen: Mit Superpowered können direkt aus virtuellen Sitzungen Protokolle und Zusammenfassungen erstellt werden. Mit Glimpse werden Webseiten interaktiv, indem man deren Inhalte einem LLM zur Verfügung stellt. D-ID erstellt künstliche Avatare, die den gewünschten Text sprechen. Trickle extrahiert Daten aus Screenshots und Wondercraft erstellt aus textbasierten Podcasts Abläufe und vertont diese auch gleich mit künstlichen Stimmen. Dies sind nur wenige Beispiele.

Diese Möglichkeiten haben natürlich auch ihre Schattenseiten. Man kann immer einfacher Deep Fakes und Stimmprofile erstellen. Bereits wenige Sekunden von meinem Stimmmaterial kann dank KI in eine verwendbare KI-Stimme umgewandelt werden. Diese liest dann in meiner Stimme Texte, die ich nie gelesen habe. So bekommt die Aussage: «Du legst mir Worte in den Mund» eine ganz andere Dimension.

Im Oktober 2023 wurde nun der neuste Bericht der European Parlament Technology Assessment, kurz EPTA, über generative KI veröffentlicht. Darin werden die verschiedenen Herausforderungen beschrieben, welche die Technik mit sich bringt, dabei fokussieren sie hauptsächlich auf LLMs, also zu deutsch umfangreiche Sprachmodelle, wie ChatGPT. Die Hauptproblempunkte fassen sie so zusammen:

«Keine Vertrauenswürdigkeit. (…) die von diesen Systemen erzeugte Ausgabe [zielt] nicht darauf ab, wahrheitsgetreu, sondern plausibel zu sein. Dies ist ein riskantes Merkmal, da uninformierte Mitglieder der Öffentlichkeit Entscheidungen auf der Grundlage von fehlerhaften Informationen treffen könnten, die von den Systemen produziert werden. (…)

Black-Box-Verhalten. (…) Die Fähigkeit dieser Systeme zu erklären, warum sie etwas erzeugen, ist außerordentlich begrenzt, (…).

(…)

Hoher Energieverbrauch. Die Kosten für das Training der Systeme betragen Tausende von Megawatt. (…)

Eigentumssysteme. Die meisten dieser Anwendungen gehören einer Handvoll von Unternehmen, die sich ihre hohen Entwicklungskosten leisten können. Dieses legitime Geschäft muss überwacht werden, um die Bürger vor potenziellen Vorurteilen und Missbrauch zu schützen. (…)

Urheberrecht. Da Texte aus den zur Schulung verwendeten Dokumenten generiert werden und keine vernünftige Nachverfolgung zu ihnen möglich ist, scheint hier die Vorstellung des Urheberrechts auf dem Spiel zu stehen. (…) »

Die hier von der EPTA beschriebene Undurchsichtigkeit der Abläufe, welche oft zu ebenso undurchsichtigen Resultaten führen und die mögliche falsche Gewichtung von Inhalten durch Verwendung von Bots, stellen ein weiteres Risiko dar. So könnten ganze Wahl-Kampagnen manipuliert und falsche Informationen verstärkt werden. Es könnten scheinbare Graswurzel-Bewegungen durch Bots simuliert werden. Die Frage stellt sich, ob dies nicht schon längst im Gange ist.
Die Zukunft der KI ist offen und die Interessengemeinschaften sind sehr breit. Jeden Tag kommen neue generative KIs auf den Markt, die nächsten großen werden Grok von X und Llama von Meta sein. Diese werden die ganzen Daten der jeweiligen sozialen Medienplattformen zur Verfügung haben und diese mit Sicherheit für ihre und zumindest vorgeblich auch für unsere Vorteile nutzen.

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