Der Wahrheit verpflichtet
10. Juli 2023 - Stephan Seiler

Goldesel Alzheimer

Stephan Seiler
Ein neues Medikament soll den Alzheimer-Markt erobern. Das Prädikat «sicher und wirksam» kennen wir bereits von den Gen-Spritzen.
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News vom 10. Juli 2023

US-Behörden haben nun das vieldiskutierte Alzheimer-Medikament Leqembi von Biogen und der japanischen Firma Esai vollständig zugelassen. Die Kosten dafür werden in den USA von den Kassen übernommen. Gemäß der Datenanalysefirma Global Data gehen gewisse Schätzungen für den zu erwartenden jährlichen Umsätzen durch das Medikament von bis zu 12.9 Milliarden Dollar aus.
Die Food and Drug Administration, kurz FDA, genehmigte das intravenös verabreichte Medikament Leqembi für Patienten mit leichter Demenz und anderen Symptomen, die durch die frühe Alzheimer-Krankheit verursacht werden, am vergangenen Donnerstag. Es ist das erste Medikament, für das angeblich überzeugend nachgewiesen wurde, dass es den kognitiven Verfall von Alzheimer leicht verlangsamt.

Eine bestätigende Studie habe nun gemäß der Nachrichten-Agentur AP gezeigt, dass es sich um eine sichere und wirksame Behandlung für Patienten mit Alzheimer handelt. Die FDA bestätigte diese Ergebnisse, indem sie die Daten einer größeren Studie mit knapp 1800 Patienten prüfte, in der das Medikament die Verschlechterung des Gedächtnisses und des Denkens bei den Behandelten um etwa fünf Monate verlangsamte, verglichen mit denen, die ein Scheinmedikament erhielten. Laut einem Artikel im Tages-Anzeiger mache dies für Betroffene und ihre Angehörigen im Alltag zwar noch keinen erheblichen Unterschied. Aber es sei statistisch signifikant und weise erstmals in die richtige Richtung. Ob und wie stark das neue Medikament den Krankheitsverlauf überhaupt auch auf längere Zeit bremsen könne, müsse sich erst noch zeigen.

Zudem ist das aufgrund der angeblich bestätigenden Studie genannte Argument «sicher und wirksam» sowieso mit Vorsicht zu genießen. Es wurde genauso in fast inflationärer Weise bei den mRNA-Impfstoffen verwendet, die nun im Nachgang betrachtet ja alles andere als sicher und wirksam waren.

Die Behandlung mit Leqembi, wie auch mit Antikörpern im Allgemeinen, ist nämlich mit heftigen Risiken und durchaus vielen Nebenwirkungen verbunden. In Tests zeigten etwa 13 Prozent der Personen, die das Medikament bekommen haben, Anzeichen einer Gehirnschwellung, verglichen mit weniger als 2 Prozent, die ein Placebo einnahmen. Bei etwa 17 Prozent traten kleine Blutungen im Gehirn auf, verglichen mit etwa 9 Prozent in der Placebogruppe. Mehrere Personen, die das Medikament erhielten, seien an Hirnblutungen gestorben, darunter zwei, die auch blutverdünnende Medikamente einnahmen, obwohl die Hersteller des Medikaments behaupten, dass die Todesfälle nicht auf Leqembi zurückzuführen waren.

Für die Pharmabranche in der Schweiz zumindest bedeutet das neue Alzheimer-Medikament möglicherweise ein Geldsegen, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Der Wirkstoff werde nämlich in der riesigen Biotech-Anlage, welche die US-Firma Biogen im solothurnischen Luterbach gebaut hat, hergestellt. Zurzeit läuft in Europa das Zulassungsverfahren für Leqembi, in der Schweiz ging der Antrag im Mai ein – und zwar nicht in einem beschleunigten Verfahren wie in den USA, sondern im normalen. Das bedeutet, dass eine mögliche Zulassung in der Schweiz nicht vor Herbst 2024 zu erwarten ist.

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