Wohl kaum ein Zufall, dass ein weiteres Crescendo des Gegenschlages durch «Operation Iron Sword» genau eine Woche nach dem Anschlag durch die Hamas angekündigt wird:
«Die IDF ruft dazu auf, alle Zivilisten von Gaza-Stadt zu ihrer eigenen Sicherheit und ihrem Schutz aus ihren Häusern in Richtung Süden zu evakuieren (…) Sie werden erst dann nach Gaza-Stadt zurückkehren können, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt. Nähern Sie sich nicht dem Bereich des Sicherheitszauns zum Staat Israel. (…) Zivilisten in Gaza-Stadt, evakuieren Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit und zur Sicherheit Ihrer Familien den Süden und distanzieren Sie sich von den Hamas-Terroristen, die Sie als menschliche Schutzschilde benutzen. In den kommenden Tagen werden die IDF weiterhin in erheblichem Umfang in Gaza-Stadt operieren und große Anstrengungen unternehmen, um Schäden an der Zivilbevölkerung zu vermeiden.»
Jeder Konflikt ist begleitet durch Propaganda, nicht nur durch die direkt betroffenen Konflikt-Parteien, sondern durch jede erdenkliche Interessensgruppe, die den Konflikt als Opportunität sieht, um Reichweite, Wähler, Macht oder einfach nur Profit zu erlangen. Deshalb ist es wenig erstaunlich, dass dies im jetzigen, höchst emotionalen Konflikt, massiv gemacht wird. Dabei kann man Trends erkennen und dadurch den Kopf kühlen. Am einfachsten ist die Propaganda der direkt Involvierten zu verstehen:
Israel, aufbauend auf den international verbreiteten Schreckensbildern, stellt sich als Opfer dar, welches nie hätte provoziert werden sollen. Als «Underdog» im feindlich gesinnten Nahen Osten, wird es mit solcher Macht zurückschlagen, dass alle in der Region – und weltweit – vor ihrer Vergeltungsbereitschaft zittern müssen. Das Einzige, was ihnen dabei im Weg stehen könnte, sind die Palästinenser, die NICHT zur Hamas zählen. Dies könnte auch der Grund sein, weshalb man in den Medien kaum die Hamas-Flagge verwendet, sondern auf die Palästinenser Flagge zurückgreift.
Die Hamas ihrerseits steigt auf das Vermischung-Spiel «Hamas gleich Palästinenser» dankend ein, denn dies hilft ihnen, die Einigkeit mit den arabischen Staaten in der Umgebung, aber auch den Muslimen weltweit zu suggerieren. Hinzu kommen die Aufnahmen ihres Anschlages gegen Israel, welche als Werbung für den von ihnen ausgerufenen «heiligen Krieg» verwendet werden. Dabei wird weltweit aufgerufen, sich am Widerstand zu beteiligen; in welcher Form bleibt der Fantasie des Unterstützers überlassen.
Die Hamas besteht aus bewaffneten und unbewaffneten politischen Gruppen. Schätzungen zufolge zählt die Hamas insgesamt 20‘000 bis 25‘000 Mitglieder, angenommen alle befänden sich im Gaza-Streifen, würde die Hamas 1.25 % der 2 Millionen starken Bevölkerung ausmachen. Man kann sich nur mit Grauen vorstellen, was es für die ca. 1,9 Millionen Palästinenser bedeuten würde, wollte man alle Hamas vernichten. Genau dies benutzt die Hamas zu ihrem Vorteil und stellt sich ebenso als Opfer dar. Jedes Zivil-Opfer hilft auch der Propaganda und so könnte es sein, dass es wohl viele Zivilisten gibt, die nicht aus der Stadt gelassen werden.
Die Palästinenser im Gaza-Streifen leben seit Jahrzehnten eingepfercht und am Existenzminimum. Ihre Reisemöglichkeiten sind stark beschränkt und sie sind abhängig von Israel und internationalen Hilfsorganisationen, um die Grundbedürfnisse zu decken. Ihre Alterspyramide zeigt, dass der größte Anteil der Bevölkerung Kinder und Jugendliche sind. Aus ihrer Sicht werden sie von der Besatzungsmacht Israel unterdrückt und so stehen sie vor folgendem Dilemma. Entweder sie wenden sich gegen die Hamas und werden so als Unterstützer von Israel dargestellt oder sie wenden sich gegen Israel und werden so als Unterstützer der Terroristen-Hamas dargestellt.
International wird das Ganze einiges komplexer, dabei werden religiöse und politische Interessen gerne vermischt. Die Gegner der USA und des Westens verwenden die Rhetorik, die sich nur auf die Zivilbevölkerung und die Unterdrückung des Staat Palästina konzentriert. Der Westen und die USA ihrerseits fokussieren sich auf die Terrorgruppe Hamas und der Notwendigkeit, diese um jeden Preis zu zerstören.
Der geschürte Hass schwelt weltweit, auch hier in der Schweiz, wo sich die Lager verhärten. Vor allem die Sozialen Medien tragen stark dazu bei, dies geht an den wenigsten spurlos vorbei. Spaltung der Menschen bleibt der gemeinsame Nenner, denn der erneut aufflammende Konflikt wird genutzt, um einen weiteren Keil in jede Bewegung zu treiben und so über diese zu herrschen.