Gestern und heute findet der Nato-Gipfel in Vilnius, Litauen statt. Dabei stand der Beitritt von Schweden und Finnland, aber auch die Zukunft der Ukraine im Vordergrund.
«Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben in einem kritischen Moment für unsere Sicherheit wichtige Entscheidungen getroffen. Wir haben Finnland als vollwertiges Mitglied der Allianz begrüßt. Und wir freuen uns darauf, Schweden als Vollmitglied der Allianz begrüßen zu dürfen, basierend auf der Vereinbarung, die ich gestern Abend mit Präsident Erdogan und Premierminister Kristersson getroffen habe.»
Erdogan konnte hinter geschlossenen Türen dazu bewegt werden, Schweden in der NATO willkommen zu heißen, dabei schien vor allem das Thema der Terroristenbekämpfung ein wichtiger Verhandlungspunkt gewesen zu sein. Das Ziel des NATO-Gipfels war, eine geschlossene Front gegen Putin zu signalisieren. Dazu wurde im Communiqué in wiederholt Russland als Bösewicht und Aggressor dargestellt:
«Russland trägt die volle Verantwortung für seinen illegalen, nicht gerechtfertigten und unprovozierten Krieg der Aggression gegen die Ukraine, (…) Dafür muss es vollständig zur Rechenschaft gezogen werden.»
Oder auch:
«Wir erkennen Russlands illegale und illegitime Annexionen, einschließlich der Krim, weder an, noch werden wir sie jemals anerkennen. Es darf keine Straffreiheit für russische Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten geben, (…).»
Und weiter:
«Russland muss sofort diesen illegalen Angriffskrieg beenden, (…) und alle seine Truppen und Ausrüstung bedingungslos und vollständig aus dem Territorium der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich ihrer Hoheitsgewässer, abziehen.»
Zudem wurde der größte Verteidigungsaufbau seit dem Kalten Krieg verabschiedet. Während die Worte im Communiqué sehr stark wirken, scheint dies nur vordergründig so, denn zwischen den Zeilen sieht es anders aus. So wurden bereits im Auftakt gemäß Information von Selenskyj Änderungen ohne das Beisein der ukrainischen Delegation gemacht. Während der offiziellen Pressekonferenz heißt es dann auch:
«Heute haben die Alliierten ein Paket aus drei Elementen vereinbart, um die Ukraine näher an die NATO heranzuführen. Erstens, ein neues mehrjähriges Unterstützungsprogramm für die Ukraine. (…) Zweitens, ein neuer NATO-Ukraine-Rat. Ein Forum für Krisenkonsultationen und Entscheidungsfindung. (…) Drittens haben wir bekräftigt, dass die Ukraine Mitglied der NATO werden wird. Und wir haben beschlossen, die Anforderungen für einen Mitgliedschaftsaktionsplan aufzuheben. Damit wird der Mitgliedschaftsweg der Ukraine von einem zweistufigen Prozess zu einem einstufigen Prozess geändert.Wir haben auch klargestellt, dass wir eine Einladung für die Ukraine zur NATO-Mitgliedschaft aussprechen werden, wenn die Alliierten zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind. Dies ist ein starkes Paket für die Ukraine. Und ein klarer Weg zu ihrer Mitgliedschaft in der NATO.»
Dabei muss man verstehen, dass der Ukraine im Vorfeld scheinbar ein sofortiger Beitritt zur NATO in Aussicht gestellt wurde. Vor diesem Hintergrund muss wohl auch die «menschenleben-intensive» Offensive der letzten Woche als «Anzahlung» gesehen werden. Dieser Offensive fielen gemäß Berichten über 26’000 ukrainische Soldaten zum Opfer. Damit ist auch klar, weshalb die Kommunikation der NATO für Selenskyj und seine Anhänger alles andere als befriedigend war. Das Augenmerk ist dabei auf den nicht vorhandenen Zeitplan und die vagen Definitionen der NATO-Einladung und Zulassung zu legen. Die Worte, «(…) wenn die Alliierten zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind» , lassen so gut wie jeden Schluss zu und sind alles andere als sicher. Selenskyj kommentierte in bekannter Form auf Twitter:
«(…) Aber die Ukraine verdient auch Respekt. (…) Es ist beispiellos und absurd, wenn weder für die Einladung noch für die Mitgliedschaft der Ukraine ein Zeitrahmen festgelegt wird. (...) Es scheint, dass weder die Bereitschaft besteht, die Ukraine in die NATO einzuladen, noch sie zu einem Mitglied des Bündnisses zu machen. (…) Ungewissheit bedeutet Schwäche. Und ich werde dies offen auf dem Gipfel diskutieren.»
Insgesamt scheint es bei der NATO intern zu bröckeln, während man Stärke nach außen signalisiert. Der Konflikt mit Russland hält weiterhin Eskalationspotential und die Kriegsindustrie reibt sich die Hände. Die Leidenden bleiben die Bevölkerung, die eingesetzten Soldaten aber auch die manipulierte Masse, die auf Hass und Zerstörung getrimmt wird.