Prof. Dr. David Dürr ist emeritierter Professor für Privatrecht an der Universität Zürich und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema «Recht ohne Staat». Er hinterfragt die gängige Annahme, dass nur der Staat in der Lage ist, Recht zu schaffen und durchzusetzen. Dürr argumentiert vielmehr, dass Recht auch ohne staatliche Institutionen funktionieren kann: «Der Staat ist ein Widerspruch zu Recht, vielmehr ist er institutionalisiertes Unrecht.»
Die Frage, wie Recht ohne Staat dann überhaupt funktionieren kann, stellt Dürr bei seinen Überlegungen und auch bei seinen Vorträgen in den Vordergrund. Er geht davon aus, dass nicht der Staat das Recht schafft, sondern dass es aus menschlichen Interaktionen heraus entsteht. Dabei spielen Verträge und Vereinbarungen eine wichtige Rolle. Die Demokratie wirke mittlerweile nur noch auf dem Papier gut, jedoch sei es längst nicht mehr das Volk, das herrsche, sondern es werde beherrscht, ist Dürr überzeugt: «Das Volk ist nicht tatsächlich Vollmachtgeber, sondern Bevormundeter.»
Seine Überzeugungen führt Dürr auch in seinem Buch «Staatsoper Schweiz» weiter aus. Dürr kann sich eine zentrumslose Gesellschaft vorstellen und sagt dazu: «Anarchie hat nichts mit Bombenlegen zu tun. Dies scheint zurzeit sowieso eher der Weg der Staaten zu sein.»Dürr vertritt zudem die Meinung, dass der Staat selbst oft ein Widerspruch zum Recht ist. Denn staatliche Institutionen brechen oft selbst geltendes Recht oder setzen es selektiv durch. Seine Forderung lautet daher: Recht statt Staat. «Der Staat ist ein Irrtum der Verhaltensevolution. So lange es Staat gibt, haben wir kein Recht», ist Rechtsprofessor Dürr überzeugt. Insgesamt plädiert Dürr dafür, die staatliche Monopolstellung im Bereich des Rechts zu hinterfragen und alternative Modelle zu entwickeln. Dies kann beispielsweise durch die Stärkung von privaten Schiedsgerichten oder anderen Formen der Konfliktlösung geschehen.