Der Wahrheit verpflichtet
15. März 2023 - Stephan Seiler

Ist Annahme-Verweigerung von Bargeld erlaubt?

Stephan Seiler
Ist es in der Schweiz erlaubt, die Annahme von Bargeld zu verweigern? Gemäss der geltenden Rechtsordnung ist es das nicht. Doch der Bundesrat relativiert.

An manchen Orten in der Schweiz kann mit Bargeld nicht mehr bezahlt werden. Wie etwa im Restaurant Hillz, das sich auf dem Weg zum beliebten Zürcher Aussichtspunkt Uto Kulm befindet. Auch andere Restaurants folgen diesem Trend. Die Schweizerische Bundesbahn SBB, sorgt mit ihren bargeldlosen Toiletten an einigen «Testbahnhöfen» für Ärger. Dort gehen die Türen nur mit dem digitalen Bezahldienst TWINT oder mit Kreditkarten auf. Bei der reisenden Bevölkerung stieß die sinnlose Aktion auf heftige Kritik.

Die SBB reagierte darauf mit einer sonderbaren und umständlichen Lösung: Mit sogenannten WC-Zutrittskarten, die nur an Snack-Automaten mit Bargeld bezogen werden können. Ärgerlich für diejenigen, die es eilig haben. Für hochrote Köpfe sorgten auch die teils bargeldlosen Weihnachtsmärkte, wie etwa der Sternenmarkt in Bern. Es komme damit zu weniger Diebstählen, behauptete der Veranstalter. Auch Detailhändler wie Aldi Nord und Rewe bieten mit Shop & Go Filialen die ersten kassenlosen Supermärkte an. Doch in den Läden herrsche bisher gähnende Leere.

Eine Leserumfrage des Onlineportals Nau.ch bestätigt einmal mehr, dass Herr und Frau Schweizer ihr Bargeld lieben. Doch die Abschaffung von Bargeld rückt immer näher. Der Journalist und Autor Ernst Wolff schreibt Ende Januar 2023 auf Twitter:

«Das mit Abstand wichtigste Projekt, das die globale Elite im Hintergrund verfolgt: die Entwicklung von digitalen Zentralbankwährungen.»

So, wie es in Nigeria bereits umgesetzt wird: Dort schränkt die Zentralbank das Abheben von Bargeld an Cashautomaten massiv ein, um damit die Akzeptanz der digitalen Zentralbankenwährung eNaira zu forcieren. Hierzulande ist man glücklicherweise noch nicht soweit. Doch ist es eigentlich erlaubt, die Annahme von Bargeld in der Schweiz zu verweigern? Gemäss der geltenden Rechtsordnung ist es das nicht. Das Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel verlangt mit Artikel 3 eine ausdrückliche Annahmepflicht. Dort heisst es:

«Jede Person ist gehalten, bis zu 100 schweizerische Umlaufmünzen an Zahlung zu nehmen. Schweizerische Banknoten müssen von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden.

Als Zahlungsmittel gelten einzig:

  • die vom Bund ausgegebenen Münzen;

  • die von der Schweizerischen Nationalbank ausgegebenen Banknoten;

  • auf Franken lautende Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank»

Der Bundesrat versucht jedoch, diese eindeutige Rechtslage zu relativieren. Auf eine Motion vom Mai 2020 antwortete er:

«Für das Bargeld (Münzen und Banknoten) besteht im gesetzlich umschriebenen Umfang eine Annahmepflicht. Dabei handelt es sich um dispositives Recht, d. h. bei Einverständnis beider Vertragsparteien kann von dieser Regelung abgewichen werden und z.B. Kartenzahlung vereinbart werden. Der Bundesrat ist unverändert der Ansicht, dass es keine überzeugenden Gründe gibt, diese Vertragsfreiheit einzuschränken.»

Der Rechtsanwalt Dr. iur. Heinz Raschein betont, dass es sich bei Bundesgesetzen um öffentliches Recht handelt. Somit könne grundsätzlich nicht davon abgewichen werden. Dispositives Recht kann es nur geben, wenn beide Parteien zustimmen. Raschein schreibt:

«Für seine Behauptung, Art. 3 des Gesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel sei bloss dispositiver Natur, verweist der Bundesrat in seiner Antwort an Nationalrat Addor auf sich selbst. Wozu man eine öffentlichrechtliche Bestimmung schafft, die dann nur dispositiv sein soll, wird sich mir kaum je erschliessen.»

Gemäss dem erwähnten Bundesgesetz ist die Sachlage eindeutig: «Es besteht eine gesetzliche Annahmepflicht für Münzen und Banknoten als einzige Zahlungsmittel». Auch in EU-Ländern gilt die gesetzliche Annahmepflicht von Bargeld. Mit einer «Empfehlung» stellt die Europäische Kommission diese Pflicht hingegen mit demselben Argument in Frage:

«Einzelhändler dürfen Barzahlungen nicht ablehnen, es sei denn, Käufer und Verkäufer haben sich auf die Nutzung anderer Zahlungsmittel geeinigt.»

Die Regierungen delegieren die angestrebte Bargeldabschaffung somit mit einer nebulösen Rechtsauffassung an die Wirtschaft. Eindeutige Klarheit könnte nur ein Bundesgerichtsurteil schaffen. Oder noch besser, ein JA für die Bargeldinitiative der Freiheitlichen Bewegung Schweiz.

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