Der Wahrheit verpflichtet
28. Juni 2023 - Barbara Hagmann

Kommt Gen-Food bald auf die Teller?

Barbara Hagmann
Die EU-Kommission will keine strengen Regeln mehr für transgenes Grünzeug.
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News vom 28. Juni 2023

Die EU-Kommission will Regeln für Gentechnik bei Pflanzen deutlich lockern. Dementsprechend sollen bestimmte Pflanzen, deren Erbgut durch neue gentechnische Verfahren verändert wurden, in Zukunft nicht mehr unter das Gentechnikrecht fallen. Begründet wird das Vorhaben, das am 5. Juli offiziell vorgestellt wird, mit dem angeblich menschengemachten Klimawandel.

Viele Menschen stehen gentechnisch veränderten Lebensmitteln kritisch gegenüber. Doch kommt der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission durch, könnte Gen-Food zum Standard werden und künftig ungekennzeichnet auf den Tellern der Konsumenten landen. Das geht aus einem Verordnungsentwurf der Kommission hervor. Die Behörde will transgenes Grünzeug von den strengen EU-Gentechnikregeln ausnehmen. Damit wollen die Bürokraten den Landwirten bei der Bewältigung des angeblich menschengemachten Klimawandels helfen.

Der Entwurf könnte eine erneute Debatte über die umstrittenen Gen-Techniken in ganz Europa auslösen. Denn der Plan sieht vor, dass genetisch veränderte Pflanzen als konventionelle behandelt werden und nicht mehr den aufwändigen und teuren GVO-Zulassungsprozess durchlaufen müssen. Derzeit sind in der EU aufgrund des öffentlichen und politischen Widerstands gegen GVOs nur wenige gentechnisch veränderte Organismen zugelassen, die hauptsächlich als Tierfutter dienen.

Laut der Financial Times, die über das europäische Vorhaben berichtete, werde eine Kategorie von Pflanzen eingeführt, die durch Gentechnik neue Sorten hervorgebracht haben, die jedoch auch durch herkömmliche Züchtungstechniken hätten erzeugt werden können. Beispiele hierfür sind Weizen, der Trockenheit widerstehen kann, Tomaten, die gegen Pilze resistent sind, und Kartoffeln, die weniger krebserregendes Acrylamid bilden, wenn sie gebraten werden.

Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass diese neuen Techniken unerlässlich seien, um die Ernteerträge angesichts der sich ändernden Wetterbedingungen wie Dürre und Überschwemmungen aufrechtzuerhalten. Zudem könnte auch der Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und anderen Chemikalien verringert werden. So heisst es im EU-Papier:

«In der EU und weltweit besteht eine erhebliche Nachfrage nach NGT-Pflanzen, da sie einen Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen im Agrar- und Ernährungssystem leisten können.»

Kathrin Jäckel, Geschäftsführerin vom Bundesverband Naturkost Naturwaren stößt das Vorhaben sauer auf. Sie nimmt wie folgt Stellung:

«In der Konsequenz würde das für die Unternehmen der Bio-Branche einen deutlich höheren Aufwand in der Sicherung der Qualität von Bio-Lebensmitteln bedeuten. Zudem erhöht sich dadurch die Gefahr der Kontamination von Bio-Produkten mit neuer Gentechnik aus der konventionellen Landwirtschaft.»

Ins gleiche Horn bläst auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Vorsitzender Olaf Bandt macht klar:

«Der Entwurf der EU-Kommission ist unterm Strich desaströs für die mehr als 80 Prozent der VerbraucherInnen, die keine Gentechnik auf ihrem Teller wollen. Er ist desaströs für das europäische Vorsorgeprinzip und für die europäische Landwirtschaft, denn die Bezeichnung «ohne Gentechnik» und die Unabhängigkeit von patentiertem Saatgut war für sie bisher ein Wettbewerbsvorteil.»

Ganz anders sieht das der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel. Wie das ZDF schreibt, steht er neuen Gentechnik-Verfahren offen gegenüber und bezeichnet diese gar als Fortschritt:

«Wir müssen endlich aufhören, grüne Gentechnik zu verteufeln und als unnatürlich darzustellen.»

Es erstaunt kaum, dass die EU-Kommission auf ganzer Linie mit der Gentechnik liebäugelt; schliesslich hatte sie auch nichts dagegen, den Menschen eine Gen-Therapie in die Arme zu spritzen.

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