Der Wahrheit verpflichtet
11. September 2023 - Roger S. Taylor 1

Kommt der Strom künftig aus der Luft anstatt aus der Steckdose?

Roger S. Taylor
Der Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose. Oder etwa doch nicht? Viele dürften das induktive Aufladen von Akkus von Mobilgeräten bereits kennen. Diese Technologie funktioniert aber prinzipbedingt nur über eine Distanz von wenigen Zentimetern. Wenn man elektrischen Strom über größere Distanzen übertragen will, braucht es völlig andere Technologien. Wenn Sie jetzt denken, dass es das nur in Science Fiction Filmen gibt, liegen Sie aber falsch. Es sind nämlich bereits verschiedenste Bestrebungen dran, Energieübertragung in größeren Mengen und Distanzen drahtlos zu realisieren.
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News vom 11. September 2023

Bereits im 19. Jahrhundert beschäftigte sich der Erfinder Nikola Tesla mit der drahtlosen Energieübertagung und konnte durchaus Erfolge vorweisen. Auch wenn sein Experiment in den 1890-er-Jahren in einem Blackout von ganz Colorado Springs endete, träumte er von auf der ganzen Welt verstreuten riesigen Türmen, welche für eine globale drahtlose Energieversorgung zuständig sein sollen. Doch heute, also über 120 Jahre später, scheinen diese Überlegungen keine Zukunftsmusik mehr zu sein.

Zum Beispiel das in Neuseeland, Deutschland und den USA agierende Unternehmen EMROD, welches sich vollständig der drahtlosen Energieübertragung verschrieben hat und unter anderem mit der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA zusammenarbeitet. Auf ihrer Webseite schreiben sie, dass sie Pionierarbeit bei der kommerziell tragbaren, drahtlosen Energieübertragung über große Entfernung leisten würden. Oder vom Aufbau des ersten globalen Energienetzes im Weltraum zur Versorgung entlegener Orte. Ebenfalls wird eine Stromgewinnung direkt im Weltall angestrebt.

Doch nicht nur kommerziell interessierte Gruppen kümmern sich um die Technologie, sondern auch das Militär. Genauer gesagt die DARPA, oder ausgeschrieben die Defense Advanced Research Projects Agency, eine dem Verteidigungsministerium der USA unterstellte Forschungsabteilung. «Energie ist die Grundlage jeder menschlichen Aktivität, einschließlich der Verteidigung.» schreiben sie auf ihrer Webseite, womit sie gleich auch den militärischen Anspruch der Technologie einfordern. Die aktuell laufenden Versuche sind auf 20 Monate ausgelegt und für das Jahr 2025 ist eine weitere Phase des Projektes geplant. In der dritten Phase des Programms werden die Relais demonstriert, welche 10 Kilowatt optische Energie an einen Empfänger am Boden liefern soll, der 200 Kilometer von der Quelle entfernt ist.

Egal wer an dieser Technologie arbeitet, das Prinzip ist immer ähnlich und basiert auf der Mikrowellenstrahlen-Technologie wie man sie z. B. vom Mobilfunk her kennt. Bereits im Jahr 2020 schrieb der Stern dazu, dass der Energiestrahl nicht anders funktioniere als eine gigantische Mikrowelle. Um jeglichen Sicherheitsbedenken allfälliger Kritiker aus dem Weg zu gehen, widmet sich EMROD extra dem Thema Sicherheit. Der stark gebündelte Energiestrahl soll mit einem zusätzlichen Mantel aus Laserstrahlen abgeschirmt sein. Dieser Mantel erkennt, wenn Objekte wie Vögel den Strahl kreuzen wollen und das System schaltet sich automatisch ab. Außerdem versichert das Unternehmen, dass die Punkt-zu-Punkt-Übertragung streng kontrolliert sei und weniger Umgebungsstrahlung verursachen würde als herkömmliche Hochspannungsleitungen. Also alles nur Vorteile?

Im Kontext der umstrittenen 5G-Mobilfunkttechnologie dürften hier noch lange nicht alle Fragen geklärt sein. Gerechtfertigt werden die Projekte übrigens mit dem Klimawandel. Wie schnell sich die Technologie wirklich durchsetzen wird, ist momentan noch schwer einzuschätzen. Schließlich würden für eine große Abdeckung auch immense Investitionen nötig sein. Und momentan sehen die politischen Bestrebungen eher nach einer Energieverknappung aus, als nach einer einfachen und günstigen Versorgung für alle.

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1 Kommentar zu “Kommt der Strom künftig aus der Luft anstatt aus der Steckdose?”

  • kaengu4 sagt:

    Hier profitieren wieder mal die grossen Akteure und wir Normalbürger bezahlen das teuer. Da sind mir Ansätze, die dazu bestimmt sind, dass ich meinen eigenen Strom produzieren kann, wesentlich sympathischer: https://oevr.at/

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