Der Wahrheit verpflichtet
08. Mai 2023 - Stephan Seiler

Mensch-Person-Theorie

Stephan Seiler
Die Mensch-Person-Theorie funktioniert in der Praxis nicht, wie viele Fälle zeigen. Vielmehr bringt die Staatsverweigerung im Alltag ernsthafte Probleme.
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News vom 8. Mai 2023

Innerhalb der letzten drei Jahre gewann die Theorie «Mensch versus Person» innerhalb der Freiheitsbewegung eine zunehmend wachsende Anhängerschaft. Behörden seien in Wahrheit zu Firmen mutiert, für die das Handelsrecht gelte. Sie hätten somit ihre hoheitlichen Befugnisse spätestens mit der Abschaffung des Beamtenstatus im Jahr 2002 eingebüßt, so lautet zumindest die Theorie.

Statt Bußen, Steuern oder Betreibungskosten zu zahlen, öffnen einige Vertreter dieser These die Briefumschläge von Behörden erst gar nicht mehr, weil schon die Art der Anschrift ihrer Meinung nach nicht für Menschen, sondern für Personen geschrieben worden sei. Einige sammeln die Briefumschläge und senden sie, statt sie zu öffnen, an den Weltpostverein in Bern, weil sie nicht mit einer vermeintlich nötigen Briefmarke, sondern nur mit einer Pauschalfrankierung in Form eines QR-Codes versehen seien. Dargelegt wird, es handle sich dabei um Postbetrug und der Absender werde von der Weltpost deswegen mit einer hohen Strafe gebüßt. Beweise dafür gibt es keine, man «weiß» dies – wie vieles andere auch – nur vom Hörensagen. Wie man beim Briefwechsel mit Behörden genau vorgehen muss, und wie man zu einer gültigen Lebenderklärung kommt, mit der man sich zum Menschen erklären kann, wird in regelmäßig stattfindenden und teils kostenpflichtigen Ausbildungsprogrammen vermittelt. Hier ein kurzer Einblick aus einem Erklär-Video auf YouTube:

Doch auch bei weniger groben Verstößen scheint die Theorie nicht zu funktionieren. Das Hauptproblem besteht darin, dass die betroffenen Menschen gutgläubig davon ausgehen, sie könnten sich mit der Selbstdeklaration zum «Menschen» dem derzeitigen Herrschaftssystem entziehen. Der Mensch habe keine Pflichten, sondern nur Rechte, während die Person hingegen dem Staat gehöre.

Auch wenn die Behauptung, Behörden seien zu Firmen geworden, womöglich stimmen mag oder zumindest einen wahren Kern enthält, bringt die aktive Staatsverweigerung im Alltag erhebliche Probleme mit sich. Denn die Behörden sehen das völlig anders und treiben ihre Forderungen mit zusätzlichen Mehrkosten über die Betreibungsämter – und wenn nötig – auch über eine Zuführung durch die Polizei ein.

Die Anwälte des Juristen-Komitees sprechen gar von haltlosen Theorien mit gefährlichen Folgen. Sie attestieren, dass es sich um eine wahrheitswidrige und geradezu absurde Ideologie handelt, die zudem der Bürgerrechtsbewegung als Ganzes schadet und den Betroffenen keinen einzigen Nutzen bringt.

Unserer Redaktion sind einige Fälle von Menschen bekannt, die wegen dieser Ideologie in eine ernsthafte Schulden- und Strafrechts-Spirale geraten sind. So zum Beispiel ein 20-jähriger Mann, der sich bei einer Verkehrskontrolle weigerte, trotz Aufforderung der Polizei, aus dem Auto zu steigen. Der einzige Grund: Er habe erst eine Legitimation für das hoheitliche Handeln der uniformierten Polizisten sehen wollen. Nach mehrmaliger Aufforderung zum Aussteigen hätten die Beamten schließlich die Scheibe eingeschlagen und den Mann aus dem Auto gezerrt. Da sich dieser aber an der Türoberkante mit aller Kraft festgehalten habe, hätten die Polizisten schließlich eine Elektroschockpistole und Tränengas eingesetzt.

Diese nicht zielführende Staatsverweigerung kommt den jungen Mann, nebst leichten Verletzungen, auch finanziell teuer zu stehen. Denn der anschließende Atemlufttest, der negativ gewesen sei sowie die anderen medizinischen Untersuchungen im Spital, muss der junge Mann nebst dem Strafbefehl und den Anwaltskosten selbst bezahlen. Zudem könnte ihm ein Entzug des Führerausweises mit zusätzlichen Kosten drohen.

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