Der Wahrheit verpflichtet
13. Oktober 2023 - Regina Castelberg

Möglicherweise zehn weitere Jahre Glyphosat in der EU – auf Kosten der Intelligenz?

Regina Castelberg
Glyphosat und Herbizide im Allgemeinen haben vielerorts keinen guten Ruf, da mit ihnen Gesundheits- und Umweltschäden in Verbindung gebracht werden. Dennoch will die EU-Kommission den Einsatz des Mittels für weitere zehn Jahre erlauben. Und dies ungeachtet einer neuen Studie, welche eine schädliche Wirkung der Substanz auf die Gehirne von Kindern und Jugendlichen nachweisen konnte.
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News vom 13. Oktober 2023

Eine Entscheidung unter den Mitgliedsstaaten kam heute jedoch nicht zustande und wird zunächst auf den November verschoben. Findet dann keine Einigung statt, kann die EU-Kommission im Alleingang entscheiden.

Die deutsche Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag Glyphosat zwar ab 2024 verbieten. Aber wie der SWR in einem Artikel gestern schreibt, ist dies illusorisch:

«Doch ein generelles Verbot von Glyphosat in Deutschland wird wohl nicht funktionieren, wenn es EU-weit zugelassen ist. (...) Vor dem Hintergrund hat vermutlich auch ein generelles Verbot aller glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel in Deutschland sicher keine Chance.»

Deutschland kennt in Sachen Glyphosat lediglich Teilverbote, wie die Einschränkung in Parks, bei Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen oder auch in besonders sensiblen Gebieten wie Natur- und Wasserschutzgebieten. Zudem dürfen die Landwirte nur noch ausnahmsweise unmittelbar vor der Ernte Glyphosat einsetzen. In der Schweiz gelten ebenso nur Teilverbote: Diese gelten für die Privatnutzung und Spritzungen auf Erntegut. Die Risikobewertung des Bundesamts für Landwirtschaft auf admin.ch kommt ferner zum Schluss, dass angeblich kein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung durch Glyphosat bestehe.

Doch eine neue Studie, die unter anderem auf dem Online-Portal The Defender besprochen wird, gibt erneut Anlass, über die Sicherheit der weltweit am häufigsten eingesetzten Herbizide zu diskutieren. Die Studie, die von Forschern der University of California San Diego geleitet wurde, brachte die Herbizid-Aussetzung Jugendlicher mit einer schlechteren Gehirnfunktion in Verbindung.

In der Online-Ausgabe der Zeitschrift Environmental Health Perspectives vom 11. Oktober berichteten die Forscher über die Messung der zwei weltweit am häufigsten verwendeten Herbizide: Glyphosat und 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure, kurz 2,4-D. Diese Messungen wurden 2016 bei 519 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren aus einem landwirtschaftlich geprägten Landkreis in Ecuador durchgeführt.

Die Forscher bewerteten unter anderem die neurologische Leistung in fünf Bereichen: Aufmerksamkeit und Hemmungskontrolle, Gedächtnis und Lernen, Sprache, visuell-räumliche Verarbeitung und soziale Wahrnehmung.

Die Autoren berichteten, dass 2,4-D negativ mit der Leistung in allen fünf neurologischen Bereichen verbunden war, wobei jedoch statistisch signifikante Assoziationen mit der Aufmerksamkeit und Hemmungskontrolle, dem Gedächtnis und dem Lernen sowie der Sprache beobachtet wurden.
Glyphosat hatte einen signifikanten negativen Zusammenhang mit der sozialen Wahrnehmung, einem Test, der die Fähigkeit misst, Emotionen zu erkennen.

Studienleiter José Suarez gibt zu Bedenken:

«Jedes Jahr werden Hunderte von neuen Chemikalien auf den Markt gebracht, und mehr als 80.000 Chemikalien sind heute für die Verwendung registriert. Leider ist über die Sicherheit und die langfristigen Auswirkungen der meisten dieser Chemikalien auf den Menschen nur sehr wenig bekannt. Zusätzliche Forschung ist notwendig, um die Auswirkungen wirklich zu verstehen.»

Wenn man nun zusätzlich in Betracht zieht, wie stark kognitive und psychische Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren zugenommen haben – und dieser Trend wurde nicht durch die Covid-Maßnahmen ausgelöst, sondern lediglich noch massiv verstärkt – dann darf auch dieser mögliche negative Einfluss durch Chemikalien auf unsere Lebensmittel nicht vernachlässigt werden.

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