Der Wahrheit verpflichtet
18. Oktober 2023 - Regina Castelberg

Neusprech in Hochform: Von Ökozid bis Climate Quitting

Regina Castelberg
Ökozid und Climate Quitting: Ein Kommentar dazu, wie neue Wortschöpfungen unser Denken und unsere Freiheit bedrohen – Ein Kommentar.
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News vom 18. Oktober 2023

Beruflich bedingt sind wir von der HOCH2-Redaktion viel im Internet unterwegs. Und man stellt fest: Die Begriffe-Erfinderitis befindet sich auf einem absoluten Höhepunkt. Was mit verharmlosenden Beschreibungen wie «Social Distancing» oder «Community Mask» während der Plandemie Fahrt aufnahm, geht nun nahtlos weiter mit den neuen Angst-Szenarien wie Kriegen und Klimawandel.
So werde ich zurzeit bombardiert mit einer Werbung von #WIRSINDZUKUNFT, einer Kampagne, die offenbar von etlichen Schweizer Firmen unterstützt wird. Es geht um folgenden Post, in dem ganz lapidar steht:

«Ökozid bezeichnet die vorsätzliche und großflächige Zerstörung von Ökosystemen wie Abholzung, Umwelt- und Gewässerverschmutzung. Einige wenige Länder kennen Ökozid bereits heute als Straftatbestand. Eines davon ist Frankreich.»

Wenn man das so liest, darf man hoffen, dass sich das Projekt in erster Linie einmal gegen aktuelle Vorhaben wie den Ausbau der Windenergie stellt: Denn für Windräder wird zum einen im Regenwald Balsaholz abgeholzt und für ihre Errichtung werden bei uns Wälder dezimiert. Zudem werden Seltene Erden aus China in den Windrädern verbaut, die die Abbauorte völlig vergiftet hinterlassen und es gibt Hinweise durch Studien, dass Windparks Desertifikation, also Wüstenbildung auslösen können. Also: Stopp mit der Planung dieser Umweltzerstörer – und zwar unverzüglich!
Zu befürchten ist aber, dass auch dieses schöne, neue Wort gar nicht dafür gebraucht wird, um wirklich die Umwelt zu schützen. Denn seit es den diffusen «Klimaschutz» gibt, muss sich der «Umweltschutz» ja eindeutig hinten anstellen und viele haben ihn fast schon vergessen. Nein, es geht wie immer um den Aufbau eines Angst- und Schuldszenarios, was man gut im ARD-Science-Fiction-Drama mit dem Namen «Ökozid» aus dem Jahre 2020 sehen kann: Darin wird das Szenario heraufbeschworen, dass im Jahre 2034 Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt wird, die Klimakrise mitverschuldet zu haben.
Keine Fiktion ist, dass Klimaklagen tatsächlich ein immer häufiger anzutreffendes Phänomen sind, beispielsweise auch von den KlimaSeniorinnen Schweiz, welche beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den Schweizer Staat klagen.

Und ein weiterer neuer Begriff macht derzeit die Runde: Climate Quitting. Gerade vor zwei Tagen schrieb die Handelszeitung darüber und bezeichnete dies als neuen Trend. Wenn man den Begriff zum ersten Mal liest, könnte man meinen, es ginge darum, dass Menschen ihren Job wegen des Klimawandels aufgeben wollen oder müssen. Liest man den Bericht durch, geht es aber tatsächlich um etwas anderes. Nämlich darum, dass viele, vor allem junge Menschen, sich nicht vorstellen können, für einen Betrieb wie zum Beispiel Nestlé zu arbeiten, der mit seinen Produkten teils die Umwelt massiv schädige. Was sehr nachvollziehbar ist, aber zumindest nicht direkt mit dem Klima zu tun hat, sondern eigentlich mit dem guten alten Umweltschutz. Ein Begriff, der wohl einfach nicht mehr genug in Mode ist. Ich nehme an: Zu lang, zu deutsch, zu konkret, zu aussagekräftig.
Ähnlich wie Leute mit Impfschaden, die nach wie vor annehmen, sie leiden unter dem diffusen «Long Covid».

Ja, es ist schon so: Begriffe haben Macht, dass wusste schon Orwell, als er in seinem dystopischen Roman «1984» über die sprachpolitisch umgestaltete Sprache schrieb und diese «Neusprech» nannte. Diese sollte dazu dienen, die Ausdrucksmöglichkeiten zu beschränken und die Freiheit des Denkens aufzuheben. Wer also glaubt, die grassierende Begriffe-Erfinderitis führe zu mehr Vielfalt in der Sprache und im Denken, den muss ich enttäuschen: Das Gegenteil ist der Fall.

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