Der Wahrheit verpflichtet
02. Juni 2023 - Barbara Hagmann

Parlament winkt E-Rezept durch

Barbara Hagmann
Mit dem E-Rezept ist der medizinische Datenschutz akut gefährdet.
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News vom 2. Juni 2023

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet mit großen Schritten voran. So hat das Schweizer Parlament beschlossen, dass Rezepte für Heilmittel künftig elektronisch ausgestellt und digital verschickt werden sollen. Am Dienstag hat der Ständerat eine entsprechende Motion der Zürcher FDP-Nationalrätin Regine Sauter gutgeheißen. In ihrer Motion begründet sie ihren Vorstoß wie folgt:

«Während der Corona-Krise konnte die Digitalisierung vielerorts vorangetrieben werden. Im Gesundheitswesen gibt es diesbezüglich noch Potential. Mit dem elektronischen Patientendossier wird zwar ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht. Damit aber Medienbrüche überwunden werden können, ist die flächendeckende Einführung eines elektronischen Rezepts zentral. Bisher gibt es in der Schweiz weder eine gesetzliche Verpflichtung noch Anreize für den Gebrauch von E-Rezepten. Daher sollen mit der vorliegenden Motion Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, Rezepte für Heilmittel grundsätzlich digital auszustellen. (...)»

Der Bundesrat ist zwar starker Befürworter und Treiber des elektronischen Patientendossiers – kurz EPD – lehnte jedoch den verpflichtenden Einsatz eines E-Rezepts in seiner Stellungnahme im September 2020 ab. Er will stattdessen alles ins EPD packen, ohne Zwischenschritt:

«(...) der Bundesrat ist der Ansicht, dass zuerst Erfahrungen mit der Nutzung des EPD gesammelt werden sollen, bevor neue gesetzliche Verpflichtungen für die ambulanten Leistungserbringer eingeführt werden. Angemessene Alternativen zur elektronischen Verschreibung in Papierform können heute schon umgesetzt werden und bedürfen keiner weiteren Regelung. Zum Beispiel kann ein Rezept in Papierform mit einem maschinenlesbaren QR-Code ausgestattet sein.»

Trotzdem muss sich der Bundesrat nun gegen seinen Willen an die Umsetzung machen. Denn die kleine Kammer hieß den Vorstoß am Dienstag mit 34 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung gut.

Am E-Rezept wird jedoch schon länger gewerkelt. Bereits im Mai 2022 haben FMH und «pharmaSuisse» bekanntgegeben, dass sie gemeinsam eine E-Rezept-Lösung schaffen. Diese soll über einen QR-Code funktionieren und in den Apotheken in der ganzen Schweiz eingelöst werden können. Wie die «Health Info Net AG» (HIN), einer der involvierten Partner, auf seiner Webseite schreibt, soll das Ganze wie folgt funktionieren:

«Eine Ärztin erstellt (...) aus ihrer Praxissoftware heraus ein Rezept (...). Dieses Rezept wird mit ihrer persönlichen HIN eID signiert und unveränderlich gemacht. Anschließend kann die Praxis es dem Patienten zukommen lassen oder es direkt elektronisch an eine teilnehmende Apotheke übermitteln. (...) Der Patient kann das Rezept auf seinem Smartphone speichern – z. B. in einer App, wie man das bereits vom Covid-Zertifikat kennt – es an eine teilnehmende Apotheke weiterleiten oder für sich ausdrucken. (...) In der Apotheke wird das elektronisch übermittelte Rezept direkt ins Primärsystem importiert. Alternativ wird der QR-Code vom Smartphone des Patienten oder vom Papierausdruck gescannt. (...)»

Deutschland wollte das E-Rezept bereits im vergangenen Jahr flächendeckend einführen. Doch das Projekt floppte. Medinside zog Ende 2022 Bilanz und schrieb, dass deutsche Ärzte keine elektronischen Rezepte ausstellen wollen. Es sei ihnen zu unsicher und deshalb machten sie bei der geplanten Einführung nicht mit. Eigentlich hätten Spitäler und Ärzte das E-Rezept obligatorisch anbieten müssen. Der deutschen Regierung schwebt nämlich vor, dass sich dieses bis spätestens 2025 als Standard etabliert hat. So heisst es weiter im Bericht, dass auch die freiwillige Einführung gescheitert sei. Kaum eine Arztpraxis mache mit. Anstelle einer Vereinfachung verkompliziere das digitale Papier das Leben der Patienten; der Anmeldeprozess sei mühsam. Hinzu kommen Bedenken in puncto Datenschutz.

Das wohl schlagkräftigste Argument, das für das E-Rezept spricht, ist das Ende der Zettelwirtschaft. Alles soll möglichst bequem sein. Dafür wird auch in Kauf genommen, dass der Alltag immer stärker von QR-Codes dominiert wird. Seit Covid haben sich diese vermehrt eingeschlichen und wir schlittern zunehmend in eine gläserne Zukunft.

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