Das vorliegende Interview wurde als Spende für HOCH2 von D. G. verschriftlicht, gekürzt und gestrafft. Das gesamte Interview in Videoform können Sie HIER anschauen.
Über die Interviewpartnerin
Dr. Katharina Lehmann ist Psychologin mit eigener Praxis. Sie ist Mitgründerin der Stiftung VitaNetz, dies mit zwei Partnern und einem freien Mitarbeiter. Die Stiftung widmet sich der Dreigliederung der Gesellschaft. Lehmann war lange Jahre als Polizeipsychologin im Einsatz, dies bei der Kantonspolizei Solothurn und bei der Stadtpolizei Zürich, wo sie während der Coronazeit fristlos entlassen wurde. Wer mehr über die Vorgänge hinter dieser Geschichte erfahren möchte, kann dies in diesem HOCH2-Interview vom August 2023 tun.
Regina Castelberg
Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer, ich freue mich ganz außerordentlich, heute Frau Dr. Katharina Lehmann begrüßen zu dürfen. Wir duzen uns, weil wir uns schon eine Weile kennen. Katharina, aufgrund deines Buches machen wir dieses Gespräch. Es heißt «Innerer Frieden, Integration, Traumawissen und die fünf biologischen Naturgesetze». Dein Buch ist letzten Dezember erschienen. Heute sprechen wir über das Thema «Trauma». Katharina, was macht dein Buch (diesbezüglich) so besonders?
Katharina Lehmann
Wir haben darin das ganze Wissen zum Thema Trauma zusammengefasst. Dazu haben wir eine Fachgruppe mit zwei weiteren Trauma-Therapeutinnen und einem TCM-Therapeuten gegründet, der sich sehr gut mit den fünf biologischen Naturgesetzen (nach Hamer, Anm. der Redaktion) auskennt. Das Ziel oder die Absicht meines Buches war, Trauma-Verarbeitung mit alternativer Medizin zusammenzubringen. Wie kann man die Symptome genauer betrachten und interpretieren. Das ist eigentlich das Besondere, Neuere in dem Buch.
Regina Castelberg
Warum denkst du, ist das bisher noch nicht so gemacht worden?
Katharina Lehmann
Trauma ist ein sehr großes Thema, gerade in einer schwer traumatisierten Gesellschaft. Warum hat das bisher noch niemand so richtig in Verbindung gebracht? Ich glaube, dass man dies bereits mit der Psychosomatik zusammengebracht hat. Aber es gibt verschiedene alternativmedizinische Systeme, wie diese fünf biologischen Naturgesetze. Diese betrachten die Symptome nochmals von einer anderen Perspektive.
Regina Castelberg
Bevor wir in die Details einsteigen, wäre es sinnvoll den Begriff «Trauma» etwas näher zu erklären.
Katharina Lehmann
Man kann es so definieren: Wenn man in einer kritischen Situation weder kämpfen noch flüchten kann, steigert sich das sympathische Nervensystem, also der Sympathikus, in Todesangst. Und dann schaltet sich das parasympathische Nervensystem ein, also der alte Vagus, und der lässt uns erst erstarren und dann kollabieren. Das ist ein ganz alter Mechanismus. Funktioniert dieser nicht so, würde unser System einfach entweder an Schmerzen oder an Überaktivierung sterben. Der Mechanismus zu erstarren und zu kollabieren hat aber die Folge, dass ein Teil des Bewusstseins abgespalten wird. Trauma heißt ursprünglich übersetzt «Wunde». Im übertragenen Sinne ist das Kriterium von Trauma die Spaltung der Persönlichkeit.
Regina Castelberg
Du schreibst in deinem Buch, dass Traumata häufig in der Kindheit passieren und viel heftiger und schlimmer sind, als wenn etwas im Erwachsenenalter passiert. Auch dauert die Auflösung der Kindheit Traumata viel länger. Warum ist das so?
Katharina Lehmann
Je kleiner wir sind, desto verletzlicher sind wir und somit reagiert das Nervensystem auch schneller. Es beginnt bereits im Bauch der Mutter oder bei der Geburt. Heute weiß man auch viel mehr darüber. Warum sind Traumata und Kindheit so miteinander verbunden? Wir kommen nicht mit der Fähigkeit zur Welt, Empfindungen und starke Gefühle selbst regulieren zu können wie im Erwachsenenalter. Wir sind auf Bezugspersonen angewiesen, die uns regulieren können. Erst im Laufe der Zeit lernen wir dann, uns selbst zu regulieren. Ein Kind gerät schneller in Stress, das Nervensystem gerät außer Rand und Band. So entstehen die frühen Traumata. Das ist das eine. Das andere ist, dass man durch diese Traumatisierungen den Kontakt zu den Bezugspersonen verliert. Kinder aber brauchen diese Bindung. Ein Geburtstraumata kann beispielsweise die Bindung zur Mutter beeinträchtigen oder gar schädigen. Die Mutter fragt sich, weshalb das Kind jetzt so reagiert, abschaltet oder einfach nicht mehr im Kontakt ist. Vielleicht triggert etwas das Kind und es fühlt sich abgelehnt. Das kann sich bis zu einem Beziehungstrauma steigern und das Ganze nennt man dann Entwicklungstrauma. Gerade wenn Leute sagen, meine Kindheit war eigentlich gut, stimmt das oft nicht. Aber das ist genau das Wesen der Traumatisierung, dass es eben einen Teil unseres Bewusstseins abspaltet und danach das Vergessen einsetzt. Es entstehen Überlebensmechanismen, die dafür sorgen, dass Gefühle wie Todesangst oder das Ausgeliefertsein nicht wieder getriggert werden. Diese Traumata sind verdrängt, vergessen und abgespalten bis ins Erwachsensein und können auch da nur realisiert werden, wenn man sich ihnen aktiv zuwendet. Übrigens ist die Verbreitung von Traumatisierungen enorm. Aus einer Studie mit 10'000 Teilnehmenden geht hervor, dass mindestens die Hälfte der Menschen ein schädliches Kindheitserlebnis erleiden musste. Bei den Kindheitserlebnissen handelt es sich oft um sexuellen Missbrauch, physische Gewalt und vieles mehr. In Amerika werden 66 Prozent der Menschen mit Traumata angegeben. In Deutschland sind es 44 Prozent. Sie sind weit verbreitet und sie nehmen immer mehr zu.
Regina Castelberg
Was ist für dich ein Symptom?
Katharina Lehmann
Symptome haben sehr viel mit Interpretation zu tun, also welches Weltbild wir haben. Auf der einen Seite ist das Maschinenmodell sehr weit verbreitet, auch in der aktuellen Medizin: «Da tut etwas weh, dann muss man es flicken, ersetzen oder behandeln und dann wird es wieder besser.» Das ist ein bisschen das Prinzip «Ersatz-Teillager». Du kommst in die Garage, dann wird es repariert und du fährst wieder raus. Oder auf der anderen Seite sind Symptome der Spiegel unserer Seele. Das ist die Verbindung von Seele, Körper und Geist. Hier kommen die fünf biologischen Naturgesetze ins Spiel. Wie schaue ich auf diese Symptome?
Hamer hat entdeckt, dass der Krankheitsverlauf immer zweiphasig ist. Die erste Phase besteht aus einer konfliktaktiven Phase, sei es die Traumatisierung oder sonstige starke Belastungen, die nicht immer ein Trauma sein müssen. Aber starke Belastungen können Stressreaktionen auslösen. Es kann zu chronischen Stressreaktionen kommen oder oft auch zu Veränderungen an spezifischen Organen, das ist weniger bekannt. Also der Körper leidet mit. Es kommt in einigen Organen zu Zellaufbau, in anderen zu Zellabbau. In der ersten Phase spricht man von kalten, stressaktiven Symptomen. Und wenn es eine Lösung gibt, beginnt Phase zwei, die Regeneration. Dann spricht man von warmen Symptomen. Zu diesen gehören Entzündungen, Fieber, Husten, all das, was wir krank nennen. Die Regeneration braucht viel Energie, aber nach einer Weile ist die Krankheit überstanden. Ich setze mich also einerseits mit den abgespaltenen Anteilen auseinander, andererseits mit der Sicht auf die Symptome. Ist mein Weltbild darauf ausgerichtet, gegen den Zellaufbau, die Viren und Mikroorganismen zu kämpfen oder setze ich auf meinen Körper, der schon etwas Sinnvolles macht und sich selbst heilt sozusagen. Der Körper arbeitet nie gegen uns.
Regina Castelberg
Wie stehst du persönlich zur Schulmedizin?
Katharina Lehmann
Ich kenne diese Zweiphasigkeit erst seit vier Jahren richtig, seit der Corona-Zeit, wo ich mich in diese Thematik eingearbeitet habe. Es braucht schon noch mehr Wissen. Aber eines habe ich festgestellt, dass wir die Verantwortung für unsere Gesundheit als Gesellschaft vollkommen abgegeben haben. Ich bin immer wieder schockiert zu sehen, wo wir stehen, dass man gar nicht wagt, Ärzten und Ärztinnen zu widersprechen oder zu sagen, das sehe ich anders. Wir müssen unbedingt die Verantwortung wieder zu uns zurücknehmen und dann reflektieren, welches Weltbild wir eigentlich haben. Spannend ist auch die Geschichte von Hamer, der diese fünf biologischen Naturgesetze so aufgestellt hat. Er hat sie an sich selbst beobachtet, weil er an Hodenkrebs erkrankt war. Er hatte angefangen zu überlegen, was denn hier die Grundlage seiner Erkrankung sein könnte und er hatte gemerkt, dass der Verlust seines Sohnes, der früh gestorben war, diesen Hodenkrebs getriggert hatte. Er fragte andere Personen, die ähnliche Erkrankungen hatten, und er musste feststellen, dass einige darunter auch einen Verlust zu verarbeiten hatten.
Regina Castelberg
Das heißt also, dass Konflikte ursächlich behoben werden müssen. Kannst du dazu etwas sagen?
Katharina Lehmann
Genau das wollte ich im Buch verbinden. Am besten werde ich dies an einem Beispiel aufdröseln: Es gab jemanden, der wurde überall um irgendetwas geprellt. Beispielsweise bei der Arbeit, wurde ihm das Projekt vor der Nase weggeschnappt. Dasselbe erlebte er mit Frauen, wenn er sich für jemanden interessierte, kam ein anderer und schnappte ihm die Frau weg. Oder ein anderes Beispiel: Ihm wurde im Restaurant ein Tisch vor der Nase weggeschnappt. Mal waren es größere, mal kleinere Sachen. So begann er seine Reaktion zu beobachten. Oft verspürte er extreme Wut hochkommen, aber es kam nichts raus, dabei zerplatzte er innerlich fast. Er suchte nach den Anteilen in der Kindheit und fand tatsächlich die Szene, als er als Sechsjähriger mit seinem behinderten, jüngeren Bruder am Spielen war. Er hatte ein wunderschönes Auto bekommen, aber sein jüngerer Bruder schnappte es ihm weg. Das Problem war, dass er sich wehren wollte, aber seine Eltern verboten es ihm, da er stets der vernünftige, ältere Bruder sein musste. Er musste immer zurückstecken. Er durfte auf keine Ungerechtigkeiten hinweisen, weil ja der andere eingeschränkt war. Also musste er diese Wut einfach abspalten und verdrängen. Wir haben dann mit diesen Gefühlen gearbeitet. Er konnte sich diesem sechsjährigen Jungen zuwenden. Und in der Regel kommen dann auch die Symptome zur Sprache. Manchmal frage ich danach, meistens kommen sie von selbst. Er hatte ganz oft auch Verstopfungen und Durchfall. Und hier ist eben jetzt die Verbindung zu den fünf biologischen Naturgesetzen.
Man kann es unterschiedlich anschauen, die Psychosomatik macht das auch, aber ich finde, mit der Verbindung zu den 5 Naturgesetzen wird es etwas präziser. Man weiß heute auch, dass während der konfliktaktiven Phase der Darm helfen möchte, indem er den unverdauten Brocken verdaut und einen Zellaufbau macht. Durchfall folgt. Zurück zu unserem Patienten: Wenn es kurzfristig zu einer Lösung kam – er konnte sich das Projekt schnappen oder den Tisch im Restaurant – bekam er Durchfall. Der Körper reagiert, der Darm macht dann wieder einen Zellabbau, also respektive die Mikroben machen das. Meistens schafft der Körper die Heilung alleine.
Regina Castelberg
Hast du eine Veränderung hinsichtlich Traumata in der Praxis bemerkt, beispielsweise auch bei Erwachsenen, die während der Coronazeit ausgelöst wurden? Welche Erfahrungen hast du hier gemacht?
Katharina Lehmann
Die Belastungen waren über eine längere Zeit massiv und haben vorhandene Traumata schneller getriggert. Das haben auch andere Fachleute, mit denen ich mich ausgetauscht habe, bemerkt. Bisher habe ich nur zwei von drei Ebenen angesprochen. Also die Seele mit den Anteilen und der Körper mit den Symptomen. Und jetzt kommt noch die Bewusstseinsebene, das Geistige hinzu. Und das sehe ich seit Corona vermehrt. Das Bewusstsein hat sich bei vielen erweitert. Die Leute sind daran interessiert, ihre Präsenz, den inneren Beobachter zu schulen. Und das ist enorm wichtig. Das ist wirklich die Grundlage, um sich diesen inneren Anteilen zuwenden zu können. Ein ganz einfaches Mittel, um diese Präsenz zu fördern, ist immer wieder mal innezuhalten. Während des Tages innezuhalten und dann beobachten, welche Empfindungen, Gefühle und Gedanken hochkommen. Das stärkt das Erwachsenen-Ich enorm. Meditationen können auch hilfreich sein. Mit dem Bewusstsein können wir konkret auf unsere dissoziierten Anteile der Seele schauen und uns dann fragen, was hätte ich damals gebraucht an Sicherheit, an Gesehenwerden an Wertschätzung und so weiter. Es sind Grundbedürfnisse, die damals nicht erfüllt werden konnten, weil halt die Eltern auch in ihren Geschichten gefangen sind. Ich muss auch zuerst verstehen, dass dieser Anteil zu mir gehört. Ich habe ihn abgespalten, aber er gehört zu mir. Ich muss diese Gefühle erst verarbeiten und dann kann ich sagen, ja ich bin nicht mehr dieser Teil oder dann habe ich sie positiv integriert. Ich kann sogar Empathie für mein Gegenüber entwickeln, weil ich weiß, dass dieses natürlich auch seinen Anteil hat. Man empfindet nicht mehr alles als persönlichen Angriff. Das ist sehr oft das Problem, dass man alles auf sich bezieht und der andere macht das ebenso.
Regina Castelberg
Sehr spannend. Für welche Zielgruppe hast du das Buch eigentlich geschrieben?
Katharina Lehmann
Es soll eine Hilfe zur Selbsthilfe sein. Es geht um Entwicklungstraumata, aber auch sehr stark um diese Beziehungsqualität. Ich empfehle das Buch sowohl den Fachleuten, als auch dem interessierten Laien. Aber es ist ein Fachbuch.
Regina Castelberg
Was empfiehlst du einem traumatisierten Menschen? Was soll er, was soll sie tun?
Katharina Lehmann
Wenn wir traumatisierende Erlebnisse in der Kindheit gehabt haben, geht man am besten in eine Beratung, dort kann man in einer Therapie oder einem Coaching das Trauma auflösen.
Regina Castelberg
Ich danke dir von Herzen Katharina Lehmann für dieses Gespräch.
Das gesamte Gespräch in Videoform können Sie HIER anschauen. Das Video wurde am 31. Januar 2025 auf unserer Website aufgeschaltet.