Der Wahrheit verpflichtet
05. April 2023 - Stephan Seiler

SWISS: Impfbereitschaft vorausgesetzt

Stephan Seiler
Statt entlassene und langjährige Mitarbeiter wieder einzustellen, wirbt die Swiss Piloten von anderen Gesellschaften ab. Und das angeblich aufgehobene Impfobligatorium ist eine Farce.
Link zur Sendung
News vom 5. April 2023

Die Fluggesellschaft Swiss hatte während der Pandemie hunderte von Angestellten entlassen. Der einzige Grund: Die Mitarbeiter wollten sich nicht unter Zwang gentherapieren lassen. Als einzige Airline im Lufthansa-Konzern zog die Swiss beim Kabinenpersonal ein knallhartes Impfobligatorium durch. Wer sich nicht stechen liess, wurde entlassen. In ihrer selbstgemachten Personalnot griff die Swiss auf Flugbesatzungen von Tochtergesellschaften zurück, wie etwa auf die Helvetic Airways, die auch während der Pandemie-Hochphase keine Impfungen verlangte. Wie das Nachrichtenportal Watson letzte Woche vermeldete, fehlen der Swiss noch immer viele Piloten, um das bevorstehende Sommerferiengeschäft ohne Chaos durchstehen zu können. Statt die Entlassenen wieder einzustellen, wolle die Swiss nun externe Co-Pilotinnen und -Piloten anstellen, die bei einer anderen Airline tätig sind. Die Swiss habe den Schritt damit begründet, dass sie während der Pandemie keine neuen Piloten habe ausbilden können. Beispielsweise sei es wegen der Maskenpflicht nicht mehr möglich gewesen, Simulator-Trainings durchzuführen. Nun scheint der Swiss-Führung – zumindest ein kleines – Licht aufgegangen zu sein. Der Tagesanzeiger titelte gestern:

«Swiss hebt Impfobligatorium auf»

Eine erfreuliche Meldung, mindestens auf den ersten Blick. Also dürfen auch nicht gentherapierte Flight Attendants, Pilotinnen und Piloten wieder für Swiss in die Lüfte steigen? Leider weit gefehlt. Neu ist für Piloten eine vollständige Impfung gegen Covid-19 zwar nicht mehr zwingend, aber eine Bereitschaft dazu müssen sie trotzdem haben. Der neue Text für bewerbende Piloten lautet:

«Generelle Bereitschaft, sich mit in der Schweiz zugelassenen Impfstoffen impfen zu lassen (inkl. Covid-19, Gelbfieber etc.)»

Für die Tätigkeit als Crew-Member, also für Flugbegleiter, hat sich überhaupt nichts zum Positiven verändert. Die Swiss verlangt von ihnen noch immer:

«Eine vollständige Covid-Schutzimpfung zwingend erforderlich, Bereitschaft für eine Booster-Impfung.»

Auf Anfrage unserer Redaktion sagte der Swiss-Mediensprecher Michael Stief, dass sich die Lage insgesamt stabilisiert habe. Daher wurde das Impfobligatorium per 20. März 2023 aufgehoben. Doch aus medizinischer Sicht biete die Impfung weiterhin den besten Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf und werde nach wie vor empfohlen. Wie die Swiss das beurteilen kann, bleibt ein ungelöstes Rätsel.

Von einer Aufhebung des Impfobligatoriums kann jedenfalls keine Rede sein. Es wurde lediglich in die Zukunft verschoben. Falls die WHO eine erneute Pandemie ausrufen sollte, müssten sich die Piloten trotzdem stechen lassen. Und zwar mit allen Impfungen, die in der Schweiz – auch befristet – zugelassen wurden.

Wir wollten wissen, ob entlassene Pilotinnen und Piloten, die das Angebot der Arbeitsvermittlung RAV angenommen haben und wieder zu Swiss zurückkehren wollen, bevorzugt behandelt werden. Auf unsere Frage antworte Stief:

«Das ruhende Arbeitsverhältnis war bis Ende 2022 terminiert.»

Bedeutet mit anderen Worten: Wer sich bis Ende 2022 nicht impfen ließ und um Wiedereinstellung bat, hatte Pech gehabt.

Auch wollten wir wissen, ob bereits entlassene Mitarbeiter berücksichtigt werden, um eventuellen Gerichtsverfahren aus dem Weg gehen zu können. Die Antwort:

«Mitarbeiter, welche Swiss über den ordentlichen Kündigungsweg verlassen haben, sind definitiv aus dem Unternehmen ausgeschieden. Es gibt auch keine direkte Rückkehrmöglichkeit für entlassene Mitarbeitende.»

Diese Antworten lassen aufhorchen. Denn sie bedeuten, dass das ideologische Impfregime für die Swiss noch vor dem in der Flugbranche wichtigsten Grundsatz «Safety First» kommt. Denn langjähriges, erfahrenes und mit den Firmengepflogenheiten vertrautes Flugpersonal trägt sehr viel zur Sicherheit bei, während sich neue Piloten in der Firma erst einfinden müssen. Zudem kostet es die Swiss wesentlich mehr, wenn sie neue Piloten ausbildet, statt erfahrene wieder einzustellen. Die Grundausbildung bei der Lufthansa-eigenen Flugschule kostet 135’000 Franken. 60’000 davon sind staatlich subventioniert und 75’000 müssen die Piloten per Darlehen selber zahlen. Zudem scheint die Swiss-Führung auch kein Interesse daran zu haben, den zahlreichen Klagen von ehemaligen Mitarbeitern aus dem Weg zu gehen. Geld scheint bei der Swiss keine Rolle zu spielen. Im krassen Gegensatz dazu bettelte die Airline beim Bund Mitte 2020 um Unterstützung, und erhielt nach Geheimverhandlungen mit dem Bundesrat tatsächlich 1,5 Milliarden Franken Steuergelder zugesprochen. Und dieses Geld bleibt nicht etwa in der Schweiz, sondern fließt in die Lufthansa-Zentrale nach Frankfurt.

14 0

Schreiben Sie einen Kommentar