Werden in der EU künftig Chatkontrollen durchgeführt? Um Kindesmissbrauch besser aufspüren zu können, fordert EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, dass Anbieter von E-Mail-, Chat- oder Messengerdiensten private Nachrichten scannen, wie sie vergangenen Mai anlässlich des We Protect-Global-Alliance-Webinars erklärte:
«Ich möchte, dass Internetfirmen verpflichtet werden, Material über sexuellen Kindesmissbrauch aufzuspüren, zu melden und zu entfernen.»
In dieser Forderung sehen Kritiker allerdings den Versuch, die gesamte Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen. Auch seitens Politiker gabs Gegenwind. Seit die EU-Kommission im vergangenen Jahr ihre Pläne für die Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder vorgestellt hat, gab es in der Ampelkoalition Streit über den Entwurf.
Wenn es nach SPD-Innenministerin Nancy Faeser geht, können die Überwachungsmethoden nicht scharf genug sein. Für FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann ist die Überwachung jedoch grenzüberschreitend, wie er bereits im Dezember auf Twitter verkündete und in einem aktuellen Tweet bestätigt:
«Es bleibt dabei: Chatkontrollen haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen. Wir als Bundesregierung lehnen eine anlasslose Überwachung privater Kommunikation ab.»
Online-Kommunikation ist vertraulich. Das steht auch in der EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Internet-Dienste dürfen die Kommunikation ihrer Nutzer weder mithören, abhören, speichern noch auf andere Arten abfangen oder überwachen. Auch im Koalitionsvertrag spricht man sich gegen die Überwachungen aus:
«Allgemeine Überwachungspflichten, Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht lehnen wir ab.»
Der Chaos Computer Club (CCC) warnt vehement vor den Chatkontrollen und verlangt, den Vorstoß der EU vollständig abzulehnen. Informatikerin und CCC-Sprecherin Elina Eickstädt präzisiert in einer Stellungnahme:
«In ihrer derzeitigen Form würde die Verordnung eine nie da gewesene Überwachungsinfrastruktur schaffen, die weder grundrechtskonform noch technisch realisierbar ist. Der Verordnungsentwurf ist ungeeignet, das erklärte Ziel zu erreichen und würde in der Praxis neue Probleme für die Strafverfolgung aufwerfen, statt zielgerichtet und effektiv schwerwiegende Straftaten zu bekämpfen. (...)»
Bereits im Mai 2022 warnte der Netzwerkexperte Rene Mayrhofer der Johannes-Kepler-Universität Linz vor den EU-Plänen, wie Epochtimes schreibt. Der Kampf gegen die Kinderpornografie sei nur vorgeschoben, so Mayrhofer. Die Anwendungsbereiche ließen sich bei Bedarf problemlos erweitern.
Nun hat sich die deutsche Bundesregierung für die anstehenden EU-Verhandlungen positioniert und ihre Stellungnahme mit noch offenen Punkten eingereicht. Aus dieser geht hervor, dass wesentliche Änderungen im Verordnungsentwurf erforderlich seien. Medienberichten zufolge wolle Nancy Faeser jedoch weiterhin auf Chatkontrollen pochen. Der Streit in der Ampelkoalition geht wohl in eine nächste Runde.