Wolfisberg, das als Ortsteil seit ein paar Jahren politisch zur Gemeinde Niederbipp gehört, hat nur 180 Einwohner. Nun sollen nach dem Willen des Kantons nicht weniger als 120 Asylbewerber im dortigen Hotel Alpenblick einziehen. Damit würde die Bevölkerungszahl des kleinen Ortes von heute auf morgen um 66 Prozent steigen. Die Anwohner sind verärgert und viele haben Angst. Der Standort ist denkbar ungünstig, da der kleine ländliche Ortsteil über keine öffentliche Verkehrsverbindung verfügt. Am 17. Juni strahlten wir dazu das Interview mit der Niederbipper Gemeindepräsidentin Sybille Schönmann aus und haben auch in den News vom 16. Juni bereits über den Asyl-Schock in Wolfisberg berichtet. Am letzten Dienstag, dem 20. Juni, fand nun im Schulhaus von Wolfisberg ein Informationsanlass zu den kantonalen Asylplänen statt. Der Saal war übervoll. Auch die Freiheitstrychler ließen ihre Glocken klingen. Die Aussagen von Manuel Michel, Vorsteher des Amtes für Integration und Soziales des Kantons Bern, sorgten für teils heftige Reaktionen im Publikum. Michel dementierte, dass er die Gemeinde Niederbipp viel zu spät über die geplante Asylunterkunft informiert habe. Er sprach ursprünglich davon, dass nur wenige Familien kommen würden. Vielmehr seien es nun aber junge Männer aus Afghanistan und der Türkei. Unser Redakteur Stephan Seiler wolle von Michel wissen, wieso offenbar nur junge Männer und nicht Familien mit Kindern auf der Flucht sind.
Der Vertreter der privaten Firma ORS sagte, die 120 Asylbewerber würden von nur vier Personen betreut. Doch viel mehr wussten die Verantwortlichen selber nicht. Man wisse erst am selben Tag, was für Flüchtlinge vom Staatssekretariat für Migration vor dem Schalter des kantonalen Amtes stehen würden. Für die Besucher blieben am Ende der Veranstaltung mehr Fragen offen als vorher. Auch zum privaten Vertrag zwischen dem Kanton und dem Hotelbesitzer Fredy Aeschlimann, der angeblich vielen Leuten noch Geld schulde, hielt man sich bedeckt. Die zuständige Integrationsdirektion des Kantons Bern wollte Details über den Vertrag auf unsere Anfrage hin ebenfalls nicht beantworten. Die Antwort lautete:
«Dies kommunizieren wir gegenüber der Öffentlichkeit grundsätzlich nie.»
Jedoch sind Behörden gemäß dem Öffentlichkeitsprinizip zur Auskunft verpflichtet. Jede Person hat das Recht auf Einsicht in amtliche Akten, sofern keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen gegenüberstehen. Da die Mehrzahl der Anwohner in Wolfisberg ohnehin gegen die Asylunterkunft ist, dürfte dies nicht der Fall sein. Hätten die Vertragspartner, also der Kanton und der Hotelbesitzer, nichts zu verbergen, stünde einer Akteneinsicht nichts im Wege. Wie es heißt, werde unser Gesuch noch geprüft. Brisantes Detail: Einige Besucher des Anlasses behaupteten, dass der Hotelbesitzer Aeschlimann vom Kanton mit 14 Franken pro Tag und Asylbewerber entschädigt werde. Wenn das stimmt, wäre das bei 120 Personen eine stolze Summe von rund 50‘000 Franken im Monat und 605‘000 Franken im Jahr. Ein verschuldeter Hotelbesitzer kann sich mit einem solchen Betrag problemlos sanieren. Interessanterweise berichteten auch viele Stimmen, dass der Hotelbesitzer im aargauischen Möriken-Wildegg verschuldet sei, wo ebenfalls 200 Einzelmänner einquartiert wurden. Wollen in finanzielle Not geratene Hotelbesitzer womöglich auf diese Weise ihr Konto sanieren? Um diese Behauptungen zu dementieren, müssten uns die kantonalen Migrationsämter in Bern und Aargau nun eben die von uns verlangte Akteneinsicht gewähren.
Zudem wollten wir vom Staatssekretariat für Migration wissen, wieso derart viele Einzelmänner in unser Land strömen. Laut den Zahlen des Staatssekretariates stellten im laufenden Jahr bisher 15‘238 Männer und nur 5213 Frauen Asyl in der Schweiz. Über die Gründe schreibt das Staatssekretariat:
«Männer verlassen vor allem Regionen, in denen militärische Konflikte toben. Weil die Gefahr, getötet oder zwangsrekrutiert zu werden, sehr hoch ist. Eine Flucht ist sehr riskant und erfordert viel Widerstandskraft: Neben Hunger, Krankheiten und Tod müssen Frauen auch sexuelle Übergriffe und weitere frauenspezifische Gefahren wie Zwangsprostitution oder ähnliches fürchten. Besonders gefährlich ist die Lage für alleinstehende Frauen, die ihre Partner verloren haben. Auch die Möglichkeit, Familiennachzug zu beantragen, kann dazu beitragen, dass Frauen zunächst in der Heimat bleiben.»
Statistiken über die Asylgründe gebe es keine, weil gemäß dem Bundesrat infolge der Vielfalt von Gründen solche Statistiken gar nicht möglich seien. Auch wenn die Schweiz bei der Flüchtlingshilfe seit Jahrhunderten eine humanitäre Tradition pflegt, ist das kleine Wolfisberg der denkbar schlechteste Ort für eine Asylunterkunft für junge Männer. Auf unseren Kanälen haben wir mit freundlicher Genehmigung des Filmproduzenten Remo Marti ein freies Zeitdokument veröffentlicht, dass den Betroffenen Anwohnern eine Stimme gibt.