Eine der aktuell beliebtesten Videokonferenz-Plattformen versucht Hand an Kundendaten zu legen und verspielt auf diese Weise vielleicht reihenweise Kundensympathien.
In den Plandemie-Jahren, besonders in den Lockdown- und Home-Office-Phasen, suchten Menschen nach komfortablen Möglichkeiten, um mit ihren Arbeitskollegen, Freunden und Familien in Kontakt zu bleiben. Eine mögliche Lösung bot das Unternehmen Zoom mit seiner Videokommunikations-Plattform. So erstaunt es dann auch nicht, dass Zoom enormen Zuwachs erlebte. Statista zeigt dies eindrücklich anhand des Umsatzes, welcher sich aktuell bei rund einer Milliarde US-Dollar pro Quartal einzupegeln scheint. In den Vor-Plandemie-Jahren lag dieser noch bei rund einem Zehntel des aktuellen Umsatzes.
Wer von Ihnen, liebe Zuschauer, verwendet Zoom? Und wer – Hand aufs Herz – hat die allgemeinen Geschäftsbedingungen, kurz AGB, gelesen? Auch wir verwenden Zoom gelegentlich, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat niemand von uns die AGB je konsultiert – weder bei der Erst-Installation noch bei einem der laufend fälligen Updates. Einer, der die AGB genauer studiert hat, ist der bulgarische Webentwickler und Autor Alex Ivanovs, der auf Stackdiary publiziert. In einem seiner neusten Berichte geht Ivanovs auf eben diese AGB ein und berichtet, dass Zoom aufgrund der in diesen Tagen aktualisierten AGB berechtigt sei, Userdaten für das KI-Training zu verwenden. Dabei zielt seine Berichterstattung auf die beiden vermeintlich neuen Abschnitte 10.2 und 10.4 im Paragraphen 10 «Kundeninhalte» ab. Dort ist unter anderem die Rede davon, dass Nutzerdaten für das maschinelle Lernen und für die künstliche Intelligenz eingesetzt werden können. Unsere Recherche zeigt jedoch, dass diese beiden Abschnitte bereits seit der AGB-Version vom 31. März 2023 bis auf den letzten Buchstaben genauso in den AGB stehen. Jedoch – und jetzt wird es spannend – kam mit der AGB-Version vom 7. August eine kleine, nicht ganz unbedeutende Ergänzung hinzu, dies zumindest in der englischen Ausgabe:
«Notwithstanding the above, Zoom will not use audio, video or chat Customer Content to train our artificial intelligence models without your consent. – Ungeachtet des Vorstehenden wird Zoom ohne Ihre Zustimmung keine Audio-, Video- oder Chat-Kundeninhalte zum Trainieren unserer Modelle der künstlichen Intelligenz verwenden.» (Zoom Terms of Services, Stand 31. März 2023)
Schaut man sich die deutsche Ausgabe der AGB an, fehlt dieser Abschnitt gänzlich. Immerhin: vorgestern hat sich Aparna Bawa, Zooms Chief Operating Officer, auf der Plattform Hacker News zu Wort gemeldet und ließ verlauten:
«Zur Klarstellung: Zoom-Kunden entscheiden selbst, ob sie die generativen KI-Funktionen, die vor kurzem auf kostenloser Testbasis eingeführt wurden, aktivieren und ob sie Kundeninhalte zu Zwecken der Produktverbesserung mit Zoom teilen möchten. (Quelle: Aparna Bawa auf Hackernews; 07.08.2023)
Auch die aktuelle Tagespresse meldet sich, wie hier das gestrige Beispiel der ZEIT zeigt (Stand: 8. August 2023) :
«Zoom will Nutzerdaten nur nach Einwilligung für KI-Training verwenden; Der Videokonferenzdienst Zoom verwendet Nutzerdaten, um Software mit KI zu trainieren. Nach großer Kritik geht das künftig aber nur noch nach Zustimmung der Nutzer».
Natürlich beteuert Zoom in den AGB, dass Nutzerdaten nur in Übereinstimmung mit der Datenschutzerklärung sowie den Richtlinien zur angemessenen Nutzung verwendet würden. Beides natürlich von Zoom selbst verfasst. Wie ernst es Zoom mit dem Datenschutz meint, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Viele Menschen sind nach wie vor bereit, für ein Stück Bequemlichkeit ihre privatesten Lebensbereiche für Big Brother – in diesem Fall künstliche Intelligenzen – zu öffnen. Wir von Hoch2 werden uns jedenfalls gut überlegen, ob wir unser Zoom-Abo bei Ablauf um ein weiteres Jahr verlängern werden oder nicht doch lieber zu einem anderen Anbieter wechseln werden – auch wenn dieser vielleicht etwas weniger komfortabel sein sollte.